Dark Souls ist kein Spiel für jedermann. Wer lieber den Weg des geringsten Widerstandes geht, um möglichst schnell eine langatmig erzählte Story in einem Action-Rollenspiel mitzuerleben, der ist hier definitiv an der falschen Adresse. Was Super Meat Boy für Jump’n’Runs ist, das ist Dark Souls für Action-RPGs: Schwer aber fair und zugleich unglaublich motivierend.
Drei mal habe ich Dark Souls zurückgegeben
Irgendwie hat es mich nicht losgelassen. Ich bin zwar oft gestorben, aber ich habe immer etwas dazugelernt. Und wenn man mit diesem Wissen dann plötzlich Erfolg hat, dann gibt mir das als Spieler ein Gefühl, dass ich seit ich fünfzehn bin nicht mehr gehabt habe. Damals bin ich auch oft gestorben. Sogar für Zelda – A Link to the Past habe ich die ganzen Sommerferien benötigt, um den Abspann zu sehen. Jeder Gegner war damals eine Herausforderung. Irgendwann hatte ich einen Plan von der Taktik und bin langsam aber sicher bis ans Ende gekommen.
Es ist leicht zu sterben …
Dark Souls holt dieses Gefühl von damals zurück und setzt den Schwierigkeitsgrad entsprechend hoch an. Es gibt auch kein Tutorial, sondern es geht direkt los. Wir sind ja nicht mehr fünfzehn und wissen was uns erwartet, oder? Jeder Gegner ist wie bei einem Beat’n’Up wie Soul Calibur immer wieder eine echte Gefahr und greift alleine oder in Gruppen auf eine Vielfalt von Angriffen zurück. Wenn man wild auf Buttons am Joypad einschlägt, dann endet man mit ziemlicher Sicherheit tot auf dem Boden. Damit das nicht passiert braucht man eine ungeheure Disziplin und auch Geduld um nicht seine hart erkämpften Seelen immer und immer wieder zu verlieren.
„Yet each dog and demon has enough different attacks to make every encounter a surprise; it’s a great mix of consistency and unpredictability.“
Kevin VanOrd
Seelen sind die Währung für das Aufleveln und auch für den Tausch gegen Gegenstände und Waffen. Wenn man das erste Mal zwischen zwei Checkpoints in Form von Bonfires stirbt, dann ist das nicht schlimm, weil alle Seelen nach wie vor an der Stelle liegen, wo man gestorben ist und natürlich alle Gegner wieder da sind.
Dark Souls: Monster mit Seele
Meistens scheitert man aus zwei Gründen bei den Gegner: Selbstüberschätzung oder Ungeduld. Selbst bei einem an einem einfachen Gegner verreckt man leicht, wenn man nicht aufpasst. Wenn man in dem Moment gerade auf dem Weg zu seinen Seelen war, dann sind alle kostbaren Seelen für immer futsch. Und das passiert nicht gerade selten. Da man Heiltränke nicht aufsparen und Aufleveln an anderen Orten dem Spieler die Taktik für neue Gegner auch nicht beibringen kann, gibt es auch kaum Möglichkeiten das Spiel mit Farming oder Grinding zu überlisten.
Gleiches gilt für solche Tricks wie Gegner aus ihrem Bereich herauslocken und dann zu erledigen, wenn sie wieder zu ihrem Ursprungsgebiet zurücklaufen wollen: Sie folgen euch auch gerne mal über ein ganzes Level hindurch über Leitern und andere Hindernisse hinweg und lauern euch dann auf. Letztendlich levelt nicht in erster Linie die Spielfigur, sondern das Verständnis über die offene Spielewelt und ihre Gegnertypen wird besser. Das dies wirklich funktioniert, ist einer der größten Errungenschaften von Dark Souls.
Übung macht den Meister
Wer weiterspielt und sich durchkämpft, wird öfters an dem Punkt sein, an dem man seit einer Stunde ohne Bonfire voll bepackt mit Seelen durch einen bis dahin unbekannten Ort schleicht. Plötzlich wird man dann mächtigere Gegner überrascht bis man kaum noch Lebensenergie besitzt. Wenn man das dann überlebt und sich bis an das nächste Bonfire rettet, dann hat man einen Adrenalinrausch erlebt, denn ich zumindest so schon sehr lange nicht mehr in einem Videospiel erleben durfte. Und wenn man es nicht schaffen sollte, dann weiß man ganz genau, warum man gestorben ist – und probiert es wieder. Genau so wie bei Super Meat Boy.
Erst schießen, dann fragen
Diese Taktik klappt bei Shootern in der Regel sehr gut und führt zum Ziel. Bei Dark Souls ist aber nicht nur jeder Gegner eine Herrausforderung, sondern jede Entscheidung ist endgültig. Es gibt keine Speicherstände und nach jeder Aktion speichert das Spiel automatisch und unwiderruflich den Fortschritt. Aus versehen einen wichtigen Händler getötet, weil er aussieht wie ein Zombie? Pech gehabt. Der ist und bleibt tot und ist zusammen mit seinen angebotenen Waren für immer verloren. Deswegen gilt bei Dark Souls: Erst beobachten, dann überlegen und zuletzt handeln.
„Dark Souls ist deshalb nichts für die breite Masse, sondern nur für eine eng definierte und leidensfähige Zielgruppe.“
Tim Rittmann
Dark Souls – Gameplay
Anders als bei anderen Action-RPGs ist die Steuerung nach einiger Übung äußerst präzise und macht das Überleben überhaupt erst möglich. Neben der Anzeige für die Lebensenergie gibt es noch den Ausdauerbalken, den man zu Anfang leicht unterschätzt. Jeder geblockte Schlag eines Gegners zieht Ausdauer ab. Diese lädt sich schnell wieder auf, wenn man nicht gerade das Schild hochhalten muss. Dann geht es deutlich langsamer. Nun kann man drei Schläge eines Gegners gerade so Blocken. Der Vierte geht dann aber bei leerem Ausdauerbalken direkt durch und man steht ohne Schutz da. Wenn der Gegner nicht alleine ist, hat man schon verloren. Man muss also permanent damit rechnen, dass man geschickt Ausweichen muss und auch wirklich einen Abschluss findet. Sonst läuft man Gefahr, dass der Kampf zu eigenen Ungunsten mit dem Tod endet.
„Dark Souls entführt in ein einzigartiges, herrlich offenes und mysteriöses Abenteuer, das einen schlaflos über die nächsten Schritte spekulieren lässt – bis man mit blitzenden Augen aufsteht und weiterkämpft.“
Jörg Luibl
Neben Schwert und Schild gibt es auch noch Magie und Pfeil und Bogen. Ich habe mich bisher nur auf Ersteres verlassen denn scheinbar ist es keine gute Idee sich auf mehrere Stile zu spezialisieren.
Dark Souls: SinglePlayer-MMORPG
Am Anfang habe ich es nicht verstanden aber jetzt halte ich es für eine der genialsten Ideen im Bereich Multiplayer in einem RPG: Der Onlineteil von Dark Souls. Anders als in einem MMORPG ist man gefühlt immer alleine. Nur manchmal sieht man mal eine durchscheinende Silhouette eines anderen Spielers an sich vorbeilaufen. Ansonsten sind aber überall kleine gelbe Schilder mit kurzen Hinweisen anderer Spieler auf dem Boden zu finden. Die können natürlich auch gelogen sein aber meistens helfen sie doch in verzweifelten Momenten die richtige Entscheidung zu treffen.
Richtig interessant wird es aber, wenn man andere Personen in sein Spiel reinholt. Oder in ein Spiel eines anderen Spieler mit Gewalt eindringt. Diese ungezwungenen Möglichkeiten im Bereich PvP und Coop geben dem Spiel noch einen ganz eigenen Onlinetwist und ist für mich eine willkommene Abwechslung zu den MMORPGs mit ihrem langweiligen Gameplay. Man könnte also tatsächlich sagen, dass Dark Souls eine Art SinglePlayer-MMORPG darstellt.
Dark Souls: Story
In den letzten Jahren habe ich gemerkt, dass ich die Handlung von Videospielen nicht mehr ertragen kann. Vielleicht liegt es am erhöhten Lesekonsum durch den Kindle, aber wenn ein Spiel seine Geschichte über Zwischensequenzen erzählt, ist das für mich nicht spannend. Bei Dark Souls gibt es nur eine minimal erzählte Geschichte. Was Besseres hätte das Spiel gar nicht machen können denn jeder Versuch noch tiefer in die lebensfeindliche Welt einzutauchen, erzählt seine ganz eigene Geschichte, die jeder Spieler anders erleben wird.
Da alle Gegner sich beängstigend realistisch verhalten erlebt man hier mehr Emotionen als bei allen Survival-Horrorgames und schnulzigen Japano-RPGs zusammen. Manchmal erinnert das Gefühl beim Spielen an die Meister des visuellen Erzählens ohne Zwischensequenzen in Videospielen: ICO und Shadow of the Colossus.
„Frustresistente Spieler mit masochistischen Charakterzügen mögen sich auf eigene Gefahr an Dark Souls heranwagen, alle anderen lassen tunlichst die Finger von diesem Spiel.“
Sven Ohnstedt
Ruckel, Ruckel in der Open World
Leider hat das Spiel extreme Probleme mit der Bildwiederholrate in den Gebieten Blighttown und New Londo. Und zwar völlig unverständlich, weil andere Gebiete grafisch deutlich imposanter wirken und nicht ruckeln. Glücklicherweise wurde die Open World in dem Remaster rasant beschleunigt und läuft mit butterweichen 60 FPS. Apropos Open World. Für mich ist Dark Souls ein waschechtes Metroidvania. Die gelernten Mechaniken ermöglichen in der offenen Welt den Spielfortschritt. Ganz ohne Doppelsprung.
Dark Souls – Aller Anfang ist schwer
Ich hatte damals mal gesagt, dass ich eine Art düsteres Zelda haben möchte, dass für mein Alter und meine Fertigkeiten am Joypad gemacht wurde und nicht für überarbeitete Väter oder deren Kinder. Dark Souls ist verdammt nah dran an dieser Vision und äußerst wichtig um der Videospiele-Industrie zu zeigen, dass solche Konzepte heute neben den ganzen Casualspielen noch sehr gut funktionieren. Bei mir hat es erst nach dem vierten (!) Anlauf klickt gemacht. Das hatte ich nur bei GTA: San Andreas das ich damals auch mehrfach zur Seite gelegt bis ich es dann in einem Rutsch und mit wachsender Begeisterung durchgespielt habe. Manche Spiele erschließen sich eben nicht sofort, sondern brauchen eine Weile, bis sie Spaß machen. Dann aber umso mehr. Denn schließlich will zumindest ich auch wieder Spiele erleben, bei denen man gewinnen und verlieren kann.
Wertung
Dark Souls: Wer nach Zelda – A Link to the Past mit 12 Jahren im erwachsenen Alter eine echte Herausforderung sucht und keine Angst vorm Sterben hat, wird mit Dark Souls Glücksmomente erleben wie in kaum einem Spiel zuvor. Das Spiel wird leider nicht durch seine Nachfolger getoppt in einem Genre, das Dark Souls selber erschaffen hat. – Marc
Schreibe einen Kommentar