Der aktuelle Teil der Assassin’s Creed Saga spielt im Jahre 1499 in Rom und knüpft direkt an die Ereignisse von Assassin’s Creed 2 an. Man schlüpft noch immer in die Rolle von Desmond Miles, der im Jahre 2012 in einem Gerät names Animus die Geschichte seines Vorfahren nacherlebt, um mehr Informationen über den Verbleib des Edenapfels, ein mystischer Gegenstand voller Macht, zu erfahren.
Ähnlich wie die Grand Theft Auto-Serie bewegt man sich vollkommen frei durch die riesige Metropole und kann praktisch an jeder Hauswand hochklettern um sich danach wieder mit einem Sprung aus der luftigen Höhe eines Kirchturmes in einen Heuhaufen fallen zu lassen.
Assassin’s Creed 1 war seiner Zeit technisch ein beeindruckendes Spiel was aber leider daran krankte, dass es vielen Leuten zu monoton war immer wieder die selben Aufgaben zu erledigen: Ungesehen Personen bestehlen oder ermorden, auf Türme klettern oder Leute beschatten. Assassin’s Creed 2 hat mich dann nicht nur grafisch und atmosphärisch sehr beeindruckt sondern es hat mit einem viel abwechslungsreiches Missiondesign dafür gesorgt, dass man als Spieler nicht immer wieder dasselbe macht.
Nun setzt Brotherhood noch einen drauf und differenziert die Missionstypen noch mehr voneinander und zwingt den Spieler auch mal komplett ungesehen durch eine längere Mission zu kommen um ihn danach in einen altertümlichen Panzer zu setzten und ganze Heerscharen von Soldaten auszuradieren. Dazu kann man ähnlich wie in Teil 2 nun Geld verdienen um Gebäude in Rom zu restaurieren und zu kaufen.
Um die Türme besteigen zu können um weitere Teile von Rom begehen zu können, muss man nun um jeden einzelnen dieser Türme kämpfen. Dies tut man, in dem man den Hauptmann des entsprechenden Turmes tötet und dann den ganzen Turm anzündet. Das ist wahnsinnig befriedigend und macht einen großen Teil des Spielspaßes aus.
Das Spielgefühl
Aber was Assassin’s Creed so einzigartig macht funktioniert, ist das Gefühl der Freiheit und der Kontrolle. Nach einigen Trainingseinheiten durchschaut man das Steuersystem und man hat Ezio perfekt unter Kontrolle. Das sieht man auch in meinem Video von oben: Mit abgeschaltetem Benutzerinterface und ohne auch nur einem Gegner ein Haar zu krümmen, schaffe ich es auf die Spitze der Engelsburg. Assassin’s Creed ist wie Burnout: Alleine das Spielen macht schon Spaß ohne dass man konkret einem Spielziel hinterher jagen muss.
Wenn man verfolgt wird oder in eine gut bewachte Festung eindringen muss, dann macht man das so, wie man selber gerne möchte. Man wird nun auch verstärkt dafür belohnt, wenn man möglichst niemanden oder ggf. nur die Zielperson tötet was deutlich zur Spannung beiträgt. Ferner empfinde ich auch die Glaubhaftigkeit der Story und ihrer Charaktere viel besser gelungen als bei Teil 2. Die gesamte Handlung ist nachvollziehbar unterteilt und besitzt viele Momente, an die man sich noch Tage später zurück erinnert.
Immersion durch Glaubwürdigkeit
Ähnlich wie bei Enslaved wird auch die Einbettung des Spiels als solches in die Realität des Spielers gut gelöst. Als Spieler steuert man Desmond, der wiederum Ezio über Animus steuert. Deswegen sieht man auch in Rom Bildschirmanzeigen wie z.B. Lebensenergie. Wenn man ein Ziel verfehlt oder stirbt, dann sieht man nicht den Game Over-Bildschirm sondern es ist von einer Desynchronisation die Rede was viel plausibler widerkehrende Spielsituationen erklärt weil man ja den Geschehnissen im Leben des „echten“ Ezio als Desmond so nah wie möglich kommen muss. Denn der „echte“ Ezio hat vielleicht keine Wache am Eingang der Burg getötet und hat so auf einem anderen Wege seine Ziele erreicht. Deswegen wird die Synchronität dabei in Prozent angegeben. Spielt man hingegen Desmond im Jahre 2012 so sieht man dabei keine grafischen Einblendungen.
Ich habe persönlich jetzt schon drei Mal Urlaub in der Stadt Rom gemacht. Ich kenne also Bauwerke wie das Pantheon oder das Kolosseum wirklich. So war ich sehr erstaunt darüber, wie genau die einzelnen Orte nachgebildet wurden. Die Grafik wurde im Vergleich zum zweiten Teil noch mal deutlich aufgebohrt. Die Stadt wirkt im Kleinen und im Großen äußerst glaubhaft. So führen Gaukler auf den Straßen komplette Tänze auf während man von einem Kirchturm noch nie so einen beeindruckenden Blick auf eine Stadt erleben durfte wie bei Assassin’s Creed: Brotherhood. Alles wirkt so poliert, sauber und pompös wie nie zuvor. Wie meine Xbox360 diese Grafikpracht herzaubert, ist mir ein echtes Rätsel. Wo in Assassin’s Creed 2 noch gezackte dynamische Schatten zu sehen waren gibt es nun absolut scharfe Lichteffekte zu dem dynamischen Tag- und Nachtwechseln.
Diesem technisch positiven Eindruck steht die Soundkulisse, besonders auf einem entsprechenden Heimkino in nichts nach. Einzig und allein vereinzelte Performanceeinbrüche ärgerten mich ein wenig aber die sind nur in der Innenstadt zu bemerken wo wirklich viele Elemente gleichzeitig berechnet werden müssten. Störendes Tearing habe ich auch nur sehr selten beobachten können.
Mehr als ein Spiel
Es wurde in der Vergangenheit viel über educational games gesprochen. Das sind in erster Linie Spiele, die in der Regel Kindern mit Hilfe von Computerspielen zum Lernen animieren wollen. Ich kenne das selber von meinem Dad, der mir mit Hilfe eines MS DOS Mathespiels versucht hat, das Lernen unterhaltsamer zu gestalten – leider ohne messbaren Erfolg.
Bei Assassin’s Creed sind alle Orte und Personen echten Personen nachempfunden. So sind zentrale Figuren wie Niccolò Machiavelli und Cesare Borgia historische Figuren aus genau dieser Zeit. So kann es passieren, dass man sich völlig freiwillig stundenlang in Wikipedia aufhält um mehr über die Orte und Geschehnisse zu erfahren als das Spiel ohnehin schon bietet. Meiner Meinung nach ist das eine beachtliche Leistung für ein Videospiel – auch wenn dies die meisten historischen Romane auch schaffen.
Die Bruderschaft
Assassin’s Creed: Brotherhood würde seinem Namen nicht gerecht, wenn es nicht man nicht auch eine eigene Bruderschaft von Assassinen aufbauen würde. Dieser Teil des Spiels ist erstaunlicherweise in weiten Teilen optional und dafür erstaunlich weit ausgebaut. Man kann nämlich Leute von der Straße rekrutieren und diese auf Missionen schicken um ihnen neue Fertigkeiten wie Reiten oder die Benutzung von Waffen beizubringen.
Über einen Knopfdruck kann man dann bis zu neun Assassinen jederzeit rufen und sie die schmutzige Arbeit erledigen lassen. Es zauberte jedes Mal ein Schmunzeln auf mein Gesicht, wenn sich einer meiner Schützlinge von einem Häuserdach auf meine Gegner stürzte und ich einfach unbemerkt weitergehen konnte.
Mehr fürs Geld
Durch die Summe seiner Einzelteile ist Brotherhood auch umfangreicher als seine Vorgänger. Die Trainingsmissionen sind umfangreich und vergleichen die Bestzeiten mit den Leistungen der Leute auf der eigenen Freundesliste. Dies ist sehr motivierend und lies mich viel länger üben als ich es nötig gehabt hätte. Die größte Überraschung war für mich aber der Multiplayer-Modus: Man geht – nicht rennt – verdeckt durch eine Stadt um eine Zielperson zu suchen und möglichst unbemerkt zu töten.
Als Spieler ist man gleichzeitig selber der Gejagte und darf sich deswegen nicht zu auffällig bewegen. Das ist natürlich schwierig, wenn man teilweise auf offener Straße die anderen Mitspieler aus einem Heuhaufen erledigen muss. Es ist ein völlig anderes Spielgefühl als ein Halo: Reach oder Call of Duty und macht förmlich süchtig.
Kaufen!
2010 war ein schönes Jahr für Videospieler: Limbo, Ilomilo, Chime und das geniale Super Meat Boy. Alles schöne kleine Spiele für die man Dankbar sein sollte, weil sie für frischen Wind sorgen. Aber ich würde jedes dieser Spiele gegen ein Red Dead Redemption, Bioshock 2 oder Enslaved eintauschen. Assassin’s Creed: Brotherhood ist auch eine riesige Produktion und kann nicht wie die kurzen Indiespiele mal eben von zwei Personen im Keller programmiert werden. Und das ist auch gut so, denn nur Titel wie Assassin’s Creed schaffen es bei, diesen unglaublichen Wow!-Effekt beim Spielen auszulösen.
Videospiele sind ,genau wie Filme, durch Technik getrieben. Das Gefühl als Assassine durch das alte Rom zu flanieren kann mir keine 8-Bit-Grafik und kein Indiespiel geben. Durch den Detailreichtum und die vielen, vielen Möglichkeiten, die dem Spieler an die Hand gegeben werden, sind die 18 Stunden Spielzeit wirklich zu einem Erlebnis geworden.
Ich hatte auch das Vergnügen auf dem AC:B Event in Hamburg (Danke Annick!) mit einem der Entwickler (AI Dev) zu reden. Dieser Mensch war Feuer und Flamme für das, was er da zusammen mit anderen Erschaffen hat. Es hat mir gezeigt, dass auch so eine große Produktion aus vielen Menschen besteht, die täglich ihr Bestes geben und Spaß an ihrer Arbeit haben. So wie Assassin’s Creed: Brotherhood aussieht und sich spielt, so müssen Spiele ein so gutes Spielejahr mit einem Knall ausklingen lassen. Spielen und genießen.
Wertung
Assassin’s Creed: Brotherhood: Jede Fortsetzung Assassin's Creed Saga ist etwas besser als seine Vorgänger. Kein Spiel vermittelt besser den Eindruck von spielerischer Freiheit und sieht zugleich so fantastisch gut aus. – Marc
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