Anbernic RG35xx Serie im Test: Plus, H oder SP?


Anbernic RG35xxSP, RG35xx H oder RG35xx plus

Retro-Handheld Fans leben in fantastischen Zeiten. Alle drei RG35xx Anbernic Handhelds emulieren Nintendo Game Boys, Super Nintendo, MegaDrive bis hin zur PlayStation 1 und teilweise sogar Dreamcast. Und das zu einem unfassbar günstigen Preis. Aber welcher der drei neuen tragbaren Spielkonsolen von Anbernic ist die Beste?

Warum benötigt man einen Retro-Handheld von Anbernic?

Wenn man unterwegs Retro-Spiele der 90er Jahre spielen möchte, kommt man an einem Handheld nicht vorbei. Natürlich kann man dafür sein Mobiltelefon oder den Steam Deck nutzen. Allerdings sind dedizierte Emulations-Handhelds angenehm klein, haben die benötigen Buttons schon eingebaut und benötigen, einmal eingerichtet, keine Updates. Also:

Nimm den Handheld in die Hand.
Reis‘ durchs ganze Land.
Du hast Gaming immer on demand.

Größenvergleich: Steam Deck vs. Anbernic RG35XX H
Größenvergleich: Steam Deck vs. Anbernic RG35XX H

Technische Unterschiede

Dieser Vergleich ist maximal langweilig: Alle drei Handhelds unterscheiden sich technisch nur durch ihr Gehäuse und ihren Formfaktor. Ebenso der gleiche 4:3 ausgezeichnete Bildschirm in allen drei Geräten. Selbst bei Tageslicht kann man noch darauf spielen. Der HDMI-Ausgang, Bluetooth und sogar W-LAN gehört bei allen zum Standard. Die Lautstärke lässt sich bequem direkt an den Geräten regeln. Ein Schlafzustand und Reset-Knopf runden die Specs ab. Allerdings gibt es ein Detail, dass der nur Anbernic RG35XX H besitzt: zwei Analogsticks. Aber gehen wir die Geräte der Reihe nach durch.

FunktionAnbernic RG35XX PlusAnbernic RG35XX HAnbernic RG35XXSP
Bildschirm3.5-inch IPS3.5-inch IPS3.5-inch IPS
Auflösung640×480640×480640×480
CPUH700 Quad-core ARM Cortex-A7H700 Quad-core ARM Cortex-A7H700 Quad-core ARM Cortex-A7
RAM512 MB512 MB512 MB
SpeichermicroSDmicroSDmicroSD
Akku3300mAh3300mAh3300mAh
SystemLinuxLinuxLinux
W-LANJaJaJa
BluetoothJaJaJa
HDMIJaJaJa
RumbleJaJaJa
Analoge SticksNeinJaNein
Abmessungen (mm)117 × 81 × 22 145 × 69 × 1689 × 85 × 27
Gewicht186 g180 g192 g
Unterschiede der Anbernic RGXX35 Handhelds. Quelle: Anbernic.com

RG35XXSP – Der GBA SP

Fangen wir direkt mit dem für mich emotionalsten Gerät an: dem RG35XXSP. Er sieht nicht nur genauso aus wie ein Game Boy Advance SP, sondern fühlt sich auch so an. Allerdings ist er etwas größer, was aber in meinen Augen kein Nachteil ist. Der Vorteil des Klappmechanismus ist damals wie heute: Man kann ihn in die Hosentasche stecken, ohne Angst um Kratzer auf dem Bildschirm haben zu müssen. Man könnte denken, dass der SP ideal für Game Boy Advance Titel ist. Beim Nostalgie-Faktor gibt es natürlich 100 Retropunkte. Allerdings hat der originale Gameboy Advance ein Seitenverhältnis von 3:2 und nicht von 4:3. Letzteres ist jedoch perfekt für alle TV-Konsolen.

RG35XXSP

Mein Kritikpunkt am SP ist das Steuerkreuz. Es klickt lautstark und hat wenig Weg beim Drücken. Das bedeutet, dass ein „Shoryuken“ (➡️⬇️↘️ + 🥊) bei Street Fighter schwerer durchzuführen ist, weil man halb-schräge Richtungen nicht so gut trifft. Ebenso geben die vier flachen YXAB -Buttons bei Benutzung ein deutliches Klick-Geräusch von sich. Ansonsten hat er hinten insgesamt vier Schulterknöpfe und unterstützt somit mit allen Konsolen, die diese Tasten benötigen. Das alles hat seinen Preis: Aktuell ist der SP der teuerste RG35XX des Trios.

Achtung: Bislang unterstützt keine mir bekannte Custom-Firmware den Schlafzustand beim Zuklappen des SP.

VorteileNachteile
Gute VerarbeitungSteuerkreuz und Buttons klicken
Steuerkreuz klicktSchräge Bewegungen schwer
RG35XXPLUS
RG35XXPLUS

RG35XX Plus – Der Game Boy

Egal, wer das Gerät in die Hand nimmt, wird sagen: „Oh, ist das ein Game Boy?„. Der Anbernic RG35XX Handheld hatte einen langsameren Chip. Erst diese PLUS Version nutzt den H700 Quad-Core. Der Nostalgiefaktor ist hoch. Auch wenn das Gerät sehr klein ist. Er ist viel kleiner als der Anbernic RG351V und ist deswegen nicht so gut für große Hände, wie die meinen, geeignet. Dadurch wirkt er von den Dreien am ehesten wie ein Spielzeug und nicht wie ein Gerät, mit dem man stundenlang spielen möchte.

Allerdings gibt es ansonsten nichts zu meckern. Das Steuerkreuz fühlt sich sehr angenehm an und sämtliche Special Moves gehen gut von der Hand. Die Schulterbuttons klicken zwar lautstark, aber sind trotzdem gut zu erreichen. Wer im Wartezimmer beim Arzt sitzt, wird wahrscheinlich die ein oder andere hochgezogene Augenbraue ernten. Und zwar nicht nur, weil man mit über 40 einen „Game Boy“ nutzt, sondern weil die L- und R-Knöpfe beim Drücken etwas laut sind.

VorteileNachteile
Gutes SteuerkreuzSehr klein
„Game Boy“-FeelingKlickende Schulterbuttons

RG35XX H – Der Horizontale

Der „Horizontale“ Handheld ist eine leichtere aber vor allem günstigere Version des Anbernic RG351M. Der RG35XX H ist erstaunlicherweise auch der leichteste Handheld der drei. Auch wenn sich der RG35XX H anfühlt wie eine Handheld-Konsole von Nintendo, so hat er im Gegensatz zu den anderen kein historisches Vorbild. Das Steuerkreuz und Buttons erbt er vom RG35XX Plus. Nur die Schulterbuttons klicken noch lauter als bei seinem Vorgänger.

RG35XX H
RG35XX H

Die Verarbeitung ist gefühlt die beste der drei Handhelds der RG35XX-Reihe. Es sind Details wie der abgerundet eingefasste Bildschirm. Durch die leicht raue Oberfläche liegt das Gerät gut in der Hand. Die gummierten Analogsticks sind so gut verarbeitet, dass ich den „H“ auch vorn in meinen Rucksack mit mir herumtrage. Sie schauen auch nicht weit genug raus, um abzubrechen. Das horizontale Design empfinde ich für längeres Spielen als angenehmer. Es hat sicherlich einen Grund, warum spätere Handhelds wie der Steam Deck oder die PS Vita ebenfalls nicht mehr hochkant gebaut wurden.

Wobei wir auch schon größten Vorteil der horizontalen Version sind: Die analogen Sticks. Einige Spiele benötigen zwingend einen oder zwei dieser Eingabemethoden. Zu diesen Titeln gehören Mario 64 (N64), Ape Escape (PSX), Quake (Port), Duke Nukem 3D (eDuke) oder Sonic Adventure 2 (Dreamcast), um nur einige zu nennen. Auch wenn davon Mario 64 oder Sonic Adventure 2 nicht perfekt spielbar sind, weil die Leistung nicht ausreicht, ist es toll sie wenigstens starten zu können. Und auf der perfekt spielbaren PlayStation 1 gibt es neben Ape Escape eine lange Liste von Titeln, die analoge Eingaben zumindest unterstützen.

VorteileNachteile
Zwei AnalogsticksKein Nostalgiefaktor
Horizontales Design
Hervorragende Verarbeitung

Technische Probleme bei allen drei RG35XX Handhelds

Wir haben es hier mit erschwinglichen Geräten aus China zu tun. Auch wenn die Qualität von Hardware und Software seit dem Odroid Go Advance viel besser geworden ist, so haben die Geräte noch Probleme:

Rauschen des Lautsprechers bei W-LAN Nutzung

Wer seine ROMs über das Netzwerklaufwerk über SMB oder noch besser SyncThing für die Synchronisation nutzt, wird bei der Übertragung von großen Datenmengen ein Rauschen des Lautsprechers bemerken. Alle meine Anbernic Geräte haben dieses Problem mal mehr und mal weniger. Es wird lauter, wenn man ein 2.4 GHz W-LAN nutzt und lässt sich nicht über die Lautstärke des Lautsprechers regeln. Wahrscheinlich eine fehlende Abschirmung von Speaker und Wifi-Chip. Da man beim Spielen selbst ohnehin keine ROMs übertragen sollte, weil es auf die Leistung drückt, stört es mich nicht so sehr.

Nur sporadisch Audio über HDMI

Ich nutze die RG35XX-Handhelds öfter am Fernseher. Dabei nutze ich ein hochwertiges Mini-HDMI auf HDMI-Kabel (kaufen). So gut das auch funktioniert, so fällt leider immer wieder mitten im Spie der Ton über HDMI aus. Dabei ist die Firmware oder das Kabel egal. Die einzige Option ist, dass man entweder den Lautsprecher des Handhelds nutzt oder an den 3,5 mm Klinken-Anschluss einen externen Lautsprecher anschließt.

TV-Ausgang über HDMI mit Batocera
RG35XX: TV-Ausgang über HDMI mit Batocera

Der Schlafmodus zieht den Akku leer

Die Anbernic Handhelds nutzten Linux. Der Schlafmodus schaltet nur die wichtigsten Komponenten ab oder taktet sie runter. Das System läuft weiter im Hintergrund. Das funktioniert etwas rudimentärer als beim Steam Deck, bei dem es dafür echte Hardware-Unterstützung gibt. Deswegen sollte man immer die Geräte ausschalten, um im Spiel vorher speichern.

Welche Firmware ist die Beste für die RG35XX-Reihe?

Für mich hat sich der Batocera Lite Fork für RG35XX als die beste Lösung etabliert. Batocera empfinde ich mittlerweile als besser als Lakka, RetroPi, Recalbox oder andere Emulationsfrontends auf Basis von Linux. Die Standardkonfiguration ist bereits optimal. Die Bezels im HDMI-Out Modus, integrierte Shader und die Unterstützung für Syncthing sind perfekt umgesetzt. Das von mir genutzte ArtBook Next Theme kann bequem aus dem Menü heraus heruntergeladen werden. Ich nutze Batocera Lite (herunterladen) auch für den RG35XXSP. Auch, wenn das Zuklappen bisher nicht unterstützt wird. Bluetooth Controller wie der 8BitDo Mini (kaufen) werden mit Batocera automatisch erkannt. Das ist vor allem am HDMI-TV-Out ein echter Mehrwert.

Verfügbare Firmwares für RG35XX

Der 8BitDo Mini Controller (kaufen) neben dem RG35XX H

Der Gewinner: RG35XX H

Für mich ist die horizontale Version in Form des RG35XX H insgesamt die beste Wahl. Für meine großen Hände ist der Formfaktor ideal ohne die Größe eines Steam Decks zu erreichen. Durch die beiden Analogsticks können alle Titel und Ports ohne Kompromisse gesteuert werden. Ein Mario 64 möchte ich trotz der nicht perfekten Emulation auch etwas spielen. Und Rennspiele auf der PlayStation 1 mit Dual Shock Unterstützung wie Gran Turismo 2 lassen sich einfach besser steuern.

RG35XX H hat für mich die meisten Vorteile
RG35XX H hat für mich die meisten Vorteile

Anbernic RG35XX günstig kaufen

Die günstige Option ist direkt beim Herstellen Anbernic in China zu kaufen. Die Plattform AliExpress macht es dabei maximal einfach:

Wer die Geräte nicht aus China importieren will, kann auch bequem über Amazon bestellen:

Tipps für ROMs, Spielstände in der Cloud und RetroAchievements

Die besten Retro-Spiele habe ich im Blog als Pixel Classics aufgelistet. Zum Managen der Dateien gibt es einen Artikel über ROMs, ISOs und CHD-Dateien und Scraping. Scraping ist der Prozess, um Bilder und Video zu den Spielen in den Menüs auftauchen zu lassen. Ebenso ist die Funktion SyncThing zum Speichern der Spielstände sehr empfehlenswert. Das ist besser als das Speichern in einer Cloud wie Dropbox oder Google Drive. Ebenso sollte jeder, aber auch wirklich jeder ohne Ausnahme, RetroAchievements nutzen. Die Gründe dafür werden dich überraschen.


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Kommentare

6 Antworten zu „Anbernic RG35xx Serie im Test: Plus, H oder SP?“

  1. Avatar von Eshat
    Eshat

    Ich kann mich mit den Anbernics nicht wirklich anfreunden.
    Der Konkurrent miyoo mini plus gefällt mir besser. Für knapp 50€ hab ich ihn gleich in 4 Farben besorgt und musste zwei davon sofort an begeisterte Freunde verschenken.
    Qualität und das bessere community OS (Onion) sind da für mich ausschlaggebend.

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Was genau heißt „besser“? Die RG35XX-Reihe hat schon mal mehr Power als der miyoo mini plus. Das hilft bei PS1 und Super Nintendo FX Chip Spielen.Und Batocera ist ja nicht nur für die Handhelds verfügbar ist. Und GarlicOS gibt es ja als Alternative für die RG35XX Serie. Insgesamt tun die sich alle nicht viel. Es sind mittlerweile eben diese Details.

      Schade, dass ich nicht mehr in Bielefeld wohnt. Sonst wäre ich natürlich direkt gekommen und wir hätten mal alles auf einen Haufen gelegt. Ich installiere nun mal GarlicOS bzw. muOS wie es nun heißt. Allerding scheint muOS schon mal keine native SyncThing Unterstützung zu haben. Hat das der miyoo mini plus bei seiner Custom Variante?

    2. Avatar von Eshat
      Eshat

      Ja, da tut sich nicht viel im Vergleich. Stimmt.

      Das miyoo Produkt ist für mich einfach „runder“.
      Die zwei microSD Karten in den Anbernics sind ein Slot zu viel (gemäß deiner verschlichter-dich-philosophie 😁 ).
      Der miyoo fühlt sich einfach qualitativ hochwertiger an. Ich hatte mit dem Steuerkreuz nie Probleme beim Shoryuken 😊
      Die Leistung ist nicht wirklich relevant, da kein PS1- oder SNES-Titel (Inkl. SuperFX) die Geräte spürbar an ihr Limit bringt.

      Spaß hat man sicher mit beiden.

    3. Avatar von Marc
      Marc

      Das miyoo Produkt ist für mich einfach „runder“.

      Das müsste man schon etwas genauer sagen. Leider gibt es gerade keinen echten Sale. Sonst Vorschlag: Wir tauschen mal und schicke dir einen Anbernic und du mir einen der miyoos?

      Die zwei microSD Karten in den Anbernics sind ein Slot zu viel (gemäß deiner verschlichter-dich-philosophie 😁 ).

      Vier miyoos auch, oder? ;-) Ich nutze den zweiten Slot auch nicht. Allerdings ist es praktisch, wenn man ROMs behalten will aber zwischen Firmwares wechselt.

      Die Leistung ist nicht wirklich relevant, da kein PS1- oder SNES-Titel (Inkl. SuperFX) die Geräte spürbar an ihr Limit bringt.

      Kommt wirklich auf die Titel an. Tobal No 1 (PS1), Bloody Roar 2 (PS1) oder einfach nur Yoshis Island 2 (SNES) in den leveln mit den Transparenzeffekten später brauchen einfach die Power. Kannst du ja mal testen.

      Spaß hat man sicher mit beiden.

      Jo. Nutzt Du RetroAchievments? Sag mal deinen User.

    4. Avatar von Eshat
      Eshat

      Leider gibt es gerade keinen echten Sale

      Auf geekbuying gibt es den schwarzen noch unter 50 Euro:

      Vier miyoos auch, oder? ;-)

      Touché 😊 Aber von vier sind ja nur zwei übrig.

    5. Avatar von Marc
      Marc

      Den RG35XX Plus gab es gerade wieder für 40 EUR inkl. Versand. Und der hat 1.5 GHz mit 512 GB RAM. Dagegen hat der Miyoo leider nur 128 und ist niedriger getaktet. Der Miyoo ist auch gerade ausverkauft bei dem Link von dir.