Der Steam Deck ist laut Hersteller Valve ein tragbarer PC mit genug Leistung für die eigene Steam Bibliothek. Die Idee war, ohne den Fernseher zu belegen, aktuelle PC Titel zu spielen. Oder im Bett neben den schlafenden Kindern noch etwas zu spielen. Und ich hatte noch viele weitere Gründe für meine Vorbestellung. In der Theorie ein traumhaftes Gerät für mich als Konsolenspieler ohne Zugriff auf einen Windows-PC. Wie viel von der anfänglichen Euphorie nach einer Woche noch übrig ist, erfahrt ihr hier.
Der Lüfter ist laut und nervt
Direkt nach dem ersten Einschalten war klar, dass das Steam Deck nicht dafür geeignet ist, in Gesellschaft damit zu spielen. Ganz bewusst erwähne ich diesen Punkt als allererstes, weil viele Berichte die Lautstärke erst ganz am Ende erwähnen. Der Lüfter ist sogar zu hören, wenn man durch die Menüs von SteamUI navigiert. Das Geräusch zeichnet sich dann durch einen hohen, nervigen Pfeifton aus. Fast so, als wenn man im Flugzeug sitzt und die gedämpften Antriebsgeräusche hört. Wenn man dann die GPU auf die maximale Frequenz von 1600 Mhz taktet, hört man ein angenehmeres, aber noch lauteres Rauschen.
Ich dachte zuerst, mein Steam Deck sei defekt. Leider ist das Internet voller Berichte und Videos zu lauten Lüftern. Die 512 GB SSD Version soll sogar am lautesten sein. Wahrscheinlich bin ich durch mein lautloses M1 MacBook Pro, den ebenfalls lautlosen Anbernic Handheld so wie die verhältnismäßig leise Nintendo Switch verwöhnt. Tragbare Geräte dürfen für meinen Geschmack nicht die Netflix-Serie auf dem Fernseher durch ihre Lautstärke stören.
Der Steam Deck ist ein PC. Mit allen Nachteilen.
Ich habe zuerst Titel in meiner Steam Bibliothek gestartet, die optimal auf dem Steam Deck unter Linux laufen sollen. Dabei muss man wissen, dass auf dem Steam Deck „Proton“, eine Übersetzungssoftware für Windows läuft. Proton ist quelloffen und auf GitHub für jeden PC mit Linux verfügbar.
Meine Erfahrung ist, dass anspruchsvolle Titel nicht für den Steam Deck geeignet sind. Für meine Tests habe ich die Leistung der GPU auf 1600 MHz gestellt. Die Auflösung des Handhelds liegt bei 1280 × 800 Pixeln. Meistens ist dies auch die Zielauflösung der getesteten Spiele. Ansonsten habe ich niedrigere Auflösungen wie 960 × 540 mit FidelityFX Super Resolution (FSR) kompensiert. Dieses Hochskalieren sieht dabei überzeugend gut aus. Leider zeigten sich trotz der niedrigen Auflösung häufig Einbrüche bei der Bildwiederholrate. Zusätzlich kann man im Spiel alle Grafikoptionen für Schatten, Details, Texturen einstellen und im Steam Deck Menü dann noch die Grafikkarte übertakten, FSR konfigurieren und die Framerate auf 60, 30 oder 15 FPS limitieren.
Das sind alles Entscheidungen, die ich nicht (mehr) treffen möchte. Ich bin überzeugter Konsolenspieler, weil ich keine Lust auf Konfigurationen und Probleme bei der Performance habe. Ich bin ich es nicht mehr gewohnt, in irgendwelchen Grafikmenüs zu wühlen und Einstellungen auszuprobieren. Tatsächlich war ich mehr in den Einstellungen zu unterwegs als in den eigentlichen Spielen. Denn nur weil eine Intro-Sequenz flüssig läuft, muss das nicht für den Rest des Levels gelten. Der Steam Deck ist weder bei der Hardware noch bei der Software nah an einer Konsole. Und hat entsprechend dieselben Probleme wie PCs. Der Steam Deck sieht aus, wie eine Konsole, aber ist keine.
Auswahl an getesten Spielen
Control (2019) ist ein verhältnismäßig aktueller Titel für den Steam Deck. Dabei muss man mit 30 FPS vorlieb nehmen. Die sind anfangs auch stabil. Aber in den Kämpfen mit den aufwendigen Effekten rutschte ich öfters auf 28 FPS.
Sonic Generations (2011) ist ein 60 FPS Titel auf dem Steam Deck. Auf dem Steam Deck kommt es leider immer wieder zu Einbrüchen auf unter 50 FPS. Bei einem schnellen 3D Jump’n’Run wie Sonic empfinde ich das als störend. Dabei ist das Spiel über 10 Jahre alt.
SoulCalibur 6 (2018) lief fantastisch, fast ohne Einbrüche der Bildwiederholrate. Eine echte Überraschung für mich.
Death Stranding Director’s Cut (2019) lief auf den ersten Blick ähnlich wie Control: 60 FPS, aber mit stärkeren Einbrüchen.
Aperture Desk Job (2022) kommt direkt von Valve und taucht bei jedem Steam Deck Besitzer automatisch in der Bibliothek auf. Das Spiel sieht knackscharf aus und läuft mit 60 FPS. Allerdings kommt es auch hier teilweise zu Einbrüchen der Framerate.
Horizon Zero Dawn (2017) läuft in der nativen Auflösung mit 30 FPS. Wenn man mit stabilen 60 FPS spielen möchte, dann helfen nur alle Settings auf low und die niedrigere Auflösung mit FSR skalieren.
Wieso Valve bei diesem Handheld kein VRR in die Hardware implementiert hat, ist mir ein Rätsel. Eine Variable Refresh Rate des Displays hätte die Einbrüche der Framerate unsichtbar gemacht. Leider kann das Display nur mit perfekten 30 oder 60 FPS sinnvoll angesteuert werden. Seitdem ich Elden Ring mit VRR auf der Xbox Series gespielt habe, will ich nie wieder ohne spielen müssen.
Erstaunlich: Elden Ring läuft sehr gut
Meine größte Überraschung: Das hervorragende und hochaktuelle Spiel Elden Ring läuft wunderbar auf dem Steam Deck. Wenn man den Steam Deck auf 30 Bilder pro Sekunde limitiert und das Spiel mit mittleren Einstellungen startet, erwarten den Spieler stabile 30 FPS im Spiel. Die 60 FPS stemmt der Steam Deck leider nicht durchweg. Die unregelmäßigen 40 bis 50 FPS sorgen auf einem Display ohne VRR für ständige Ruckler. Lustigerweise entfernt Proton die Shader-Ruckler der PC Version vollständig. Das sagt auch Digital Foundry. Bislang habe ich mit Elden Ring die meiste Zeit auf dem Steam Deck verbracht. Und das, obwohl ich es auf der Xbox Series X vollständig durchgespielt habe. Nun habe ich schon wieder einige Stunden drin versenkt.
Minecraft Java-Edition ist spielbar aber hat Macken
Ich spiele gerne Minecraft und betreibe auch einen eigenen Server. Bislang war die Java-Edition nicht auf einem Handheld für mich verfügbar. Da Minecraft nicht über Steam gekauft werden kann, habe ich die native Linux-Version über die Paketverwaltung von SteamOS „Discovery“ installiert. Über „Add Non-Steam game“ habe ich es der SteamUI hinzugefügt. Ich muss damit länger spielen, aber der erste Eindruck ist okay. Das Spiel läuft performant. Steuerung scheint mit den beiden Sticks gut zu funktionieren. Da die Linux-Version aber keine Controller-Unterstützung mit sich bringt, müssen Maus und Tastatur auf die Knöpfe des Steam Deck gelegt werden. Nach längerem Spielen war das viel ungenauer als die Xbox oder Switch Version.
Allerdings gab es nun schon wieder die ersten Probleme: Die Anmeldedaten meines Microsoftbenutzers werden im Desktop Modus bei mir nicht gespeichert. Das heißt, meine Xbox Live Credentials darf ich bei jedem Start eingeben. Und obwohl ich das Sprachlayout der Tastatur auf „German“ gestellt habe, hat er immer wieder nur das englische Layout genutzt.
Spiele-Kompatibilität ist sehr gemischt und am Ende irrelevant
Mein Plan war, dass ich auch mal ältere Spiele meiner Steam Bibliothek spielen kann. Schließlich habe ich nur einen Mac und gerade diese Tirel laufen in der Regel nicht unter macOS. Auf meiner Listen stehen Titel wie Deus Ex (2000), Anarchy Online (2001) und Gothic 2 (2002). Während Deus Ex nach einem Wechsel auf die aktuelle Beta-Version von Proton hervorragend aussah und Gothic 2 ebenfalls tadellos lief, wollte Anarchy Online gar nicht erst starten.
Ich habe dann auch wieder gemerkt, warum ich keinen PC mehr habe: Maus und Tastatur. Die alten PC-Spiele von vor 20 Jahren wurden noch nicht für den Controller entwickelt. Auch wenn sich die Valve und die Community viel Mühe bei der Hardware, mit den Touchpads für die Maus und der Konfigurationsprofile gegeben habe, so steuert sich ein Deux Ex einfach gnadenlos schlecht auf dem Handheld. Da wäre es besser, die PlayStation 2 Version von Deus Ex zu emulieren. Wobei wir beim Thema wären.
Installation von EmuDeck ist noch Gefrickel
Wenn man seine Nintendo Switch hackt und Emulatoren installiert, dann müssen diese sich dem Switch Betriebssystem „Horizon“ unterwerfen. Vereinfacht heißt das: keine Maus, keine Tastatur und alles muss per Controller konfigurierbar sein. Selbst wenn etwas schiefläuft. Zur Verteidigung des Steam Deck muss man sagen, dass dies mit RetroArch aus dem Steam Store auch für den Steam Deck gilt. Allerdings ist man dabei auf PS1, Dreamcast, SNES, GBA, MegaDrive und darunter limitiert. Außerdem ist keine PS2, GameCube, Wii, Playstation 3 oder Switch Emulation ist mit RetroArch über Steam möglich.
Für alle Emulatoren benötigt man ein Konfigurationsscript wie EmuDeck. Das ist nichts weiter als ein Shellscript, dass versucht im Desktop Modus des Steam unter Linux Emulatoren wie RPCS3 (PS3), Yuzu (Switch) und Dolphin (GC/Wii) zu installieren und konfigurieren. Da steht bewusst versucht. Yuzu und RPCS3 haben erst mithilfe der Community starten wollen. Ich muss im Steam Desktop Modus mit Maus und Tastatur am Steam Deck die Konfiguration in den Emulatoren vornehmen. Beim Versuch, das mit dem Gerät selber zu machen, sind mir fast die Hände abgefallen. Hier ist die Zeit noch nicht reif für eine Installation ohne Nacharbeiten.
Emulation von Playstation 3 und Switch nicht ausreichend
GameCube, Playstation 2 und Dreamcast-Spiele laufen alle ziemlich perfekt und ohne Probleme. Sogar gefühlt besser als mit RetroArch auf der Xbox Series X. Allerdings schafft es selbst eine gehackte Nintendo Switch die Dreamcast-Spiele ohne Abstriche zu emulieren. Spannend wird es für mich aber mit den Emulatoren für Switch und der Playstation 3. Das war für mich einer der Hauptgründe, den Handheld von Valve anzuschaffen. Natürlich erkauft man sich diese Performance mit einer sehr geringen Batterielaufzeit von wenigen Stunden, wenn man die GPU auf Maximum stellen muss.
Demon’s Souls (PS3, RPCS3) läuft mit 60 FPS Patch einwandfrei und ist voll spielbar. Der erste Boss „Phalanx“ liegt schon.
Breath of the Wild (WiiU, Cemu) läuft nur mit 20 FPS. Egal was ich tue. Natürlich ist das nicht normal, aber ich bin nicht im Bilde darüber, was falsch sein soll.
Breath of the Wild (Switch, Yuzu) läuft komischerweise besser und knapp unter 30 FPS mit heftigen Einbrüchen auf 15 FPS auf halber nativer Auflösung des Steam Deck. Zusammen mit dem lauten Lüfter fragte ich mich in dem Moment, was das soll, wenn die Switch nur wenige Meter weiter liegt.
Mario Kart 8 Deluxe (Switch, Yuzu) läuft mit 60 FPS bei halber Auflösung. Aber genau wie BOTW leidet die Emulation unter heftigen Einbrüchen der Bildwiederholrate. Auch hier ist die echte Switch Version deutlich besser
GOG und Epic Games Launcher machen Probleme
Ich besitze einige Spiele wie Shenmue 3 und das großartige The Witness auf Epic Games und GOG (Good Old Games). Es gibt den sogenannten Heroic Games Launcher auch für den Steam Deck. Damit lassen sich recht unkompliziert die Spiele der jeweiligen Stores installieren. Allerdings scheinen bestimmte Optimierungen von Proton nicht zu greifen. Während The Witness direkt über Steam auf dem Deck mit flüssigen 60 FPS läuft, stottert die Epic Games Version nur so vor sich hin. Leider gilt das für fast alle Titel, die ich über den Heroic Launcher installiert habe.
Ruhezustand und Akkulaufzeit
Konsolen wie Xbox und Playstation installieren Aktualisierungen der Spiele im Ruhezustand. So kann man sofort losspielen. Der Steam Deck macht das leider nicht. So wird es oft passieren, dass man Elden Ring starten will, aber der Steam Deck dann ein 40 GB Patch laden muss. Ohne Option, das Spiel trotzdem ohne Update zu starten.
Ein weiteres großes Problem ist die Akkulaufzeit. Elden Ring kann ich mit dem Steam Deck maximal für 1,5 bis 2 Stunden spielen. Man kann manuell die Leistung (Watt) reduzieren, aber dann macht Elden Ring keinen Spaß mehr.
SD-Karten sind kaum langsamer als die verbaute SSD
Ich habe meinen Steam Deck mit einer schnellen und erstaunlich günstigen 512 GB SD-Karte (kaufen) erweitert. Darauf sind Spiele wie Elden Ring oder Horizon Zero Dawn als auch Demon’s Souls (PS3) installiert. Alle Spiele laufen wunderbar und laden zügig. Das bestätigt auch Linus in seinem YouTube Video.
Streaming auf dem Handy als lautlose Alternative
Wenn ich lokal die Xbox Series X auf meinem iPhone mit DualShock Controller streame und damit Elden Ring spiele, dann habe ich ein knackscharfes Bild und keinerlei Abstriche bei der Grafik mit 60 FPS und der Synchronisation des Spielstandes. Ich kann sogar RetroArch auf diesem Wege auf meinem Handy spielen. Und das in absoluter Stille, weil weder die Xbox Series X noch mein iPhone dabei einen Ton von sich gibt.
Die Vor- und Nachteile Steam Deck
Diesen Artikel habe ich habe mehrmals anpassen müssen. Der Steam Deck hat sich bei mir letztendlich als das etabliert, was er sein soll: eine tragbare Steam Maschine. Emulatoren nutze ich fast gar nicht mehr, sondern nur noch RetroArch auf meiner Xbox Series X. Je weniger ich den Desktop Modus sehen muss, desto besser ist das Gerät für mich.
Pro | Kontra |
---|---|
Saubere Verarbeitung. | Sehr laut. |
Die GPU-Leistung ist beeindruckend. | Probleme mit einzelnen Titeln (z.B. Sonic Generations). |
Viele Steam-Spiele starten. | RTS-Titel selbst mit Touchpads nicht gut spielbar. |
Sehr gute PS2 und GameCube Emulation. | Emulatoren sind instabil und schwer zu installieren. |
Demon’s Souls (PS3) läuft sehr gut. | Switch Emulation nicht mehr ausreichend. |
Der Steam Deck ist etwas für Freaks (wie mich)
Ich kann den Steam Deck mit der Lautstärke und der frickeligen Installation von Emulatoren keinem meiner Freunde empfehlen. Trotzdem das Gerät spannend und wird die Geräteklasse der tragbaren PCs salonfähig machen. Auf keinem anderen Handheld kann man im Jahr 2022 aktuelle PC-Spiele zu dem Preis ab 420 EUR unterwegs spielen. Allerdings ist die Nintendo Switch (kaufen) ist dafür meiner Ansicht nach besser geeignet. Sie ist nicht nur viel billiger und leiser, sondern besitzt auch grandiose Titel wie The Legend of Zelda – Breath of the Wild – ganz ohne Emulation. Und wer noch weniger Geld investieren will, kauft sich einen Anbernic Handheld wie den RG351V. Ich als Freak behalte meinen Steam Deck für Demon’s Souls (PS3), Playstation 2 Spiele und zum Herumprobieren. Und Elden Ring so wie The Witness im portablen Format sind aktuell meine Dauerbrenner.
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