Minecraft ist kein Spiel im klassischen Sinne. Man kann es nicht durchspielen und es hat auch kein konkretes Ziel oder Highscore. Es hat mich nicht mehr losgelassen weil es einfach Spaß macht meiner Fantasie freien Lauf zu lassen in dem man alleine oder mit Freunden im Splitscreen oder über Xbox Live im virtuellen Legobaukasten die Welt nicht nur erkunden sondern völlig frei gestalten kann.
Ich gebe offen zu, dass ich Minecraft missverstanden, unterschätzt und ignoriert habe. Es wurde mir sogar von Andreas auf meinen Mac installiert aber irgendwie erschloss sich mir das vermeintliche Spielprinzip nicht so ganz. Als dann aber die Xbox 360 Version erschienen ist und sofort einen neuen Rekord aufgestellt hat, musste ich es mir nochmal ansehen.
Bei ben_ in Berlin
Durch Zufall war ich ein Wochenende später in Berlin bei ben_ zu Gast. Der war so nett und hat mir seine Kathedrale und die Idee hinter Minecraft auf seinem Beamer näher gebracht – während meine Freundin neben mir auf dem Sofa eingeschlafen ist. Danach stand fest: Minecraft ist mehr als man zuerst denken mag. Man kann wirklich jeden Bestandteil der Welt wie Stein, Erde, Sand, Wasser und Diamanten mit einem Tastendruck zerstören, bewegen und wiederaufbauen.
Das führt dazu, dass ich oft nicht loslassen kann, noch ein Stockwerk zu bauen oder die Mine doch noch etwas tiefer zu graben nur um Stunden später festzustellen, dass ich eigentlich schon im Bett sein müsste. Ästhetisch wirkt es teilweise so wie meine Duke Nukem 3D Maps, die ich damals in meinen Schulferien immer gebaut habe. Alles recht eckig und ohne gefilterte Texturen hat das so einen rauen Look.
Schau uns zu!
Ich finde, man kann das kreative Spielgefühl nur schwer in Worte fassen. Deswegen habe ich mir gedacht, ich zeige es euch einfach mal in ähnlicher Form, wie man es mir gezeigt hat. Jannis und ich craften im Splitscreen auf der Xbox 360 zusammen eine neue Karte. Jannis hat das Minecraft noch nie vorher angefasst während meine Freundin und ich zumindest das Tutoriallevel kennen. Das Video ist ein echtes Experiment, denn es warten nicht weniger als 2 Stunden kommentiertes Minecraft Splitscreen Gameplay auf euch:
Social Gaming
Der Reiz besteht nicht zuletzt darin, dass man seine gebauten Projekte innerhalb der virtuellen Welt anderen zeigen möchte. Das Wort Projekt stammt von Jannis während des gemeinsamen Minecraftabends und trifft die Erfahrung von Minecraft recht gut. Man denkt sich immer wieder Dinge aus, die man in der Welt gerne tun möchte und setzt sie dann, zusammen oder alleine, in die Tat um. So erlebt man immer neue witzige oder spannende Geschichten, die sich aus den Situationen heraus ergeben.
Das ist dann schon von sich aus ein soziales Event und trifft natürlich genau den aktuellen Trend der sozialen Vernetzung. Den Peak hatte das Spiel bisher in einer lokalen 4-Spieler Splitscreenrunde in der über Xbox Live noch Andreas zugeschaltet war. Das heißt vier Leute sitzen auf dem Sofa und aus dem Center-Lautsprecher kommt die Stimme des Xbox Live Spielers während wir unser Headset immer rumreichen. Wer mir da noch erzählen will, dass analoge Gesellschaftsspiele cool sind, war nicht dabei.
You can’t bring back virginity
Yes, you can. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber das Spiel lässt die Faszination von damals bei dem MMORPG Anarchy Online wieder aufleben. Da haben wir uns auch immer wieder eingelogt um immer mehr von der virtuellen Welt zu verstehen und unsere Charaktere durch neue Klamotten oder Kampftechniken selber zu gestalten. Bei Minecraft ist es umgekehrt: Die Welt steht im Mittelpunkt und unsere namenlosen Avatare sind völlig egal. Es geht darum, das generierte Chaos in der Welt gegen seine eigene Ordnung einzutauschen.
Bilder unserer selbstgebauten Stadt
Game of Life
Als ich hoch oben auf Felix frisch gebautem Sprungbrett meinen Blick über die klotzige Landschaft schweifen lies, musste ich oft an Conway’s Game of Life denken. Es ist ein Modell, dass zeigt das aus einfachen Elementen mit simplen Regeln hochkomplexe Situationen entstehen können. Und vielleicht ist das auch der Reiz der gesamten Erfahrung: Das Chaos aufzuräumen und darin schöne Dinge zu erschaffen und dabei zuzusehen, wie sie funktionieren. Es könnte sogar die verkappte Sehnsucht sein, die reale Welt um uns herum in einfache Regeln zu stecken und so die komplexen Vorgänge selber zu verstehen und zu kontrollieren.
Unterschiede Xbox zur PC-Version
Minecraft ist ein Low-End PC-Titel. Die erste Version davon lief sogar im Browser. Die Xbox 360 Version erschien auf der Xbox Arcade für umgerechnet 15 EUR und war durch die unterschiedliche Systemarchitektur (Java zu C++) und der freien Gestaltung der riesigen virtuellen Welt welt eine große Herausforderung für die Entwickler. Während man auf dem PC über Minefold unkompliziert einen Server mieten kann um zusammen zu basteln funktioniert das im geschlossenen System von Xbox Live etwas anders. Dort ist eine Xbox immer selber der Server und somit gehört die Welt immer der Xbox, die sie erschaffen hat. Die Maps der PC-Version wachsen unendlich in jede Richtung. Die Xbox Version ist hingegen auf 1024 × 1024 × 128 Klötze beschränkt und basiert noch auf der älteren Version Beta 1.6.6. Der Kreativmodus fehlt ebenfalls und es gibt nur den Survivalmodus, bei dem man auf einer zufällig generierten Karte um das Überleben kämpft. Patches sind angekündigt, welche die negativen Unterschiede zwischen den Versionen nach und nach aufholen sollen.
Dafür bekommt man aber bei der Konsolenversion ein vereinfachtes Interface und im Singleplayer konstante 60 FPS, was man vom lahmen Java-Client des PC-Spiels wahrlich nicht behaupten kann. Außerdem gibt es nun endlich ein wirklich hilfreiches Tutorial so dass man auch ohne Minecraft Wiki die erste Nacht übersteht. Der wohl aber wichtigste Vorteil ist aber, dass man direkt vor dem Fernseher zu viert gleichzeitig zusammen per Splitscreen an einer Welt bauen kann.
Liebling, was machen wir heute Abend?
Es entstehen so schöne Abende, wie ich sie persönlich selten erlebt habe. Höchstens bei einer Runde Halo: Reach im Splitscreen oder Bomberman wurde mehr gelacht. Hier lacht man aber nicht aus Schadenfreude sondern weil man zusammen etwas erschaffen hat.
Man erfreut sich zusammen an seine Taten. Was kann man mehr von einem Spiel erwarten, als das.
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