Das Spielen von „The Last of Us Part 2“ hat mir wenig Spaß bereitet. Ähnlich wie beim durch die Presse hochgelobten „God of War“ für die PlayStation 4 musste ich mich regelrecht durchquälen.
Achtung: In diesem Artikel werde ich die Handlung von Part 1 und Part 2 von The Last of Us diskutieren. Wer die Spiele nicht durchgespielt hat, sollte dies tun, bevor sie oder er hier weiterliest. The Last of Us Part 1 Remaster (kaufen) und The Last of Us Part 2 (kaufen) sollte man wegen des niedrigen Wiederspielwertes auf der PlayStation 4 auf Disk kaufen.
6 Gründe warum ich von TLOU enttäuscht wurde
1. Grund: Niemand will als Abby spielen
Der Wechsel von Ellie zu Abby nach dem Showdown im Theater fand mit Sicherheit kaum ein Spieler toll. Auch nach mehreren Stunden mit ihr fand ich den langwierigen Perspektivenwechsel überflüssig. Denn es braucht keine 10 Stunden mit der maskulinen Protagonistin, um die offensichtliche Botschaft zu verstehen: Es gibt kein Gut und kein Böse. Zudem passiert spielerisch mit Abby auch nichts Neues. Die Geschichte und vor allem das Spiel selbst hat die langatmige Episode mit Abby nicht besser gemacht.
2. Grund: Museen im Spiel sind so spannend wie im echten Leben
Spielerisch erinnerten mich diese Kapitel an meine eigenen Museumsbesuche: Man flaniert umher, schaut sich die Exponate an und sucht den Ausgang. Bei mir hat der „Apollo 13“ Moment mit Ellie und Joel emotional nicht funktioniert. Augenscheinlich sollte der Besuch im paläontologischen Museum nur Ellies Durst nach Rache an Joels Tod rechtfertigen. Natürlich ist er für sie eine Vaterfigur gewesen. Aber nur für Vergeltung ihre Frau und das Baby in einer Welt voller Zombies zurücklassen? Nein, das kann nichts auf der Welt rechtfertigen. Besonders, wenn man selbst Kinder hat.
3. Grund: Die Akrophobie von Abby überträgt sich nicht auf den Spieler
Echte Angst in Spielen funktioniert bei mir als Spieler nur durch Sanktionen im Spielfluss. Ein funktionierendes Beispiel ist Resident Evil. In der Survival-Horror-Serie ist jede Bedrohung nicht gruselig, sondern wirft den Spieler beim Versagen durch das harte, aber faire Speichersystem zurück. Das erzeugt reale Angst beim Spielen, wenn man 45 Minuten lang gespielt hat und am Ende eines dunklen Ganges ein neues Monster auf den Spieler zuläuft.
Angst beim Spielen wird bei mir nicht erzeugt, indem die Protagonistin sich vor Abgründen fürchtet und über einen Balken balancieren muss, um nicht herunterzufallen. Ebenso ist die Verfolgungsjagd durch ein Monster im Krankenhaus nicht gruselig, wenn diese in einer spielbaren Zwischensequenz auf Schienen abläuft. Deswegen habe ich mich besonders in diesen Passagen sehr gelangweilt.
4. Grund: Joel und Ellie sind Egomanen
Am Ende von Part 1 entscheidet sich Joel gegen die Herstellung des Gegenmittels, um das Virus zu heilen. Und zwar, weil dies den Tod von Ellie zur Folge gehabt hätte. Also erschießt er die Ärzte und flieht mit der bewusstlosen Ellie. Diese Entscheidung hätte ich nie getroffen. Wenn ich die einzige Person auf der Welt wäre, die immun gegen Covid-19 ist, dann würde ich mein Leben für die Allgemeinheit opfern. Wie sich am Ende herausstellt, denkt Ellie ebenso.
Nur weil Joel nicht allein sein will, trifft er diese egoistische Entscheidung gegen die Heilung der Menschheit. Durch das Wissen über diesen Umstand wird Ellie selbst zu so einer Egomanin. Im Spielverlauf wird dies deutlich: Während Abby immer von Freunden umgeben ist, stellt Ellie ihre eigenen Ziele über die aller anderen und tötet sogar dafür. Deswegen steht sie auch am Ende allein da. Durch diese Charakterzüge ist eine Identifikation mit den gestörten Entscheidungen gegen Familie und für die Rache an Abby für mich nicht möglich gewesen.
5. Grund: „Press □ to torture“ ist unerträglich
In dem Moment, als Ellie mit Dina und dem Baby im Bett liegt, habe ich das Spiel fast ausgeschaltet. Denn es war mir klar, dass dies nicht das Ende von The Last of Us 2 sein kann. Und leider endet es damit, dass eine völlig fertige Ellie gegen eine abgemagerte Abby im Regen kämpft. Diese Szene ist spielerisch nichts weiter als eine QTE Sequenz. Als Spieler habe keine andere Wahl als mit Druck auf Quadrat auf die arme Abby einzustechen. Man kann sie nicht verschonen, sondern muss die Szene zu Ende bringen. Hier würde ich eine Zwischensequenz vorziehen, weil es dann eine Handlung der Figur ist und nicht meine eigene.
6. Grund: Der flache Gameplay-Loop wiederholt sich zu oft
The Last of Us fasziniert mich in erster Linie durch seine Charaktere und das spannende Setting. Im Gegensatz dazu ist einer der schwächsten Aspekte das Gameplay. Das setzt sich aus Schleichen, Zombies erschießen, Schubladen durchsuchen und Waffen basteln zusammen. Die Kämpfe empfand ich als flach und langweilig. Man trifft immer wieder auf dieselben Typen von Gegnern und bekommt Abwechslung nur durch neue Waffen. Da hilft nur, den Schwierigkeitsgrad auf die niedrigste Stufe zu stellen, um möglichst schnell damit durch zu sein. Das Durchspielen auf einem höheren Schwierigkeitsgrad wäre für mich kein Gewinn für das Spielerlebnis gewesen.
The Last of Us hätte ich lieber als Serie geschaut
Ich will nicht wieder mit der These „Spiele benötigen keine Handlung“ meine Leser zu langweilen. Deswegen halte ich mich kurz: Fortschritt einer Handlung als Belohnung für Spielfortschritt an den Spieler auszuzahlen, funktioniert bei mir nicht. Wenn Entwickler Lust haben tolle Geschichten zu erzählen, können das besser als Serie auf Netflix umsetzen. Denn Spiele bieten meiner Meinung hier keinen Mehrwert. Allerdings wäre für meinen Geschmack die Story zu unglaubwürdig, um als gute Serie zu funktionieren. Es fehlen relevante Twists und Enthüllungen, um lange zu fesseln. Trotzdem hat sich HBO nun entscheiden, eine eigene TV-Serie zu The Last of Us im Jahr 2021 zu produzieren. Glücklicherweise bekommt der bisherige Autor Neil Druckmann Unterstützung durch die Macher der genialen Serie „Chernobyl“.
Das Spiel ist technisch eine Meisterleistung
Auch wenn ich spielerisch nichts mit dieser teuren Produktion von „Naughty Dog“ anfangen konnte, so hat mir die Erkundung der Umgebung mit all ihren Details sehr viel Spaß gemacht. Das Spiel flutscht ohne sichtbare Ladezeiten mit nie dagewesenen Animationen über den Bildschirm. Der Detailgrad der Umgebung ist verrückt. Deswegen braucht ein Team für nur ein Kapitel des Spiels 2 Jahre vom Konzept bis zur Umsetzung. Positiv hervorzuheben, ist die Abstinenz von Markierungen in der Spielewelt. Durch Sehenswürdigkeiten wie das Riesenrad weiß man immer intuitiv, wo man hingehen muss.
Die besten Geschichten innerhalb von „The Last of Us 2“ erzählt die Umgebung aus sich selbst heraus. Damit meine ich nicht das lästige Lesen von Zettel mit Zahlenkombinationen für Tresore. Vielmehr erzählen sie die Transformation durch das Virus. Wie sieht ein Fahrradladen nach 7 Jahren in einer Welt voller Pilz-Zombies aus? Wie ein Büro eines Spieleentwicklers oder der Keller eines Krankenhauses? Das waren tolle Momente für mich meine Ungeduld haben vergessen lassen. Zu guter Letzt muss ich auch die fantastische Tonkulisse loben, die durch mein neues EPOS Sennheiser Headset lebendig in Szene gesetzt wurde.
Warum The Last of Us bei mir nicht funktioniert hat
In dieser Beziehung liegt es ganz klar an mir. The Last of Us Part 1 und 2 sind objektiv gute Spiele. Ich bin mittlerweile zu ungeduldig für langatmige Spiele. Insbesondere konnte ich das Verhalten der Protagonisten nicht nachvollziehen und schon gar nicht gutheißen. Dadurch war eine Identifikation mit den Figuren und ihren Entscheiden für mich nicht möglich. Da war mit der Handlungsspielraum von dem Spiel „The Walking Dead“ lieber. Ironischerweise hat mir die Neuauflage von Final Fantasy 7 und selbst Detroit: Beyond Human besser gefallen.
Wertung
The Last of Us Part II: Die tollen Charaktere und spannende Handlung wäre besser in einer Serie aufgehoben. Schleichen, Aufsammeln und Waffen basteln ist nicht die Stärke des Spiels. Durchgespielt habe ich TLOU2 wegen der schönsten Gestaltung der Level und der besten Animationen in einem Videospiel. – Marc
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