Wann stirbt das Papier?


Könnte es sein, dass ihr auch das Gefühl habt, in der Zukunft zu leben? Meine Generation hat die Anfänge des Privatfernsehens, des Internets und des Mobilfunks mitbekommen und mussten auch lernen, mit diesen Neuen Medien umzugehen. Auf der anderen Seite »speichern« wir Informationen nach wie vor rückschrittlich auf Papier.

Immer wenn ich an der universitären Bibliothek vorbei gehe werde ich daran erinnert wie unzugänglich das klassische Buch eigentlich ist: Keine Volltextsuche, physisch an einen Ort gebunden, keine automatischen Lesezeichen, umständlich zu kopieren, teilweise unhandlich oder schwer und die Produktion ist relativ aufwendig und teuer.

Noch schlimmer ist es in meinen Augen bei den Tageszeitungen. Folgender Satz von Kathrin Passig fasst das Problem an diesem Medium treffend zusammen:

Im Nachhinein ist es schwer zu verstehen, wie ein Medium derart lange überdauern konnte, dessen Nachrichten den Leser mit bis zu 24 Stunden Verspätung erreichten, in dem Fehler nach der Veröffentlichung nicht mehr zu korrigieren waren und dem es an jedem sinnvollen Feedback-Kanal mangelte.

taz – via Anmut und Demut

Hinzu kommt die absolut unhandliche Größe und durch das viele Material der mühevolle Gang zum Papiercontainer. Außerdem erbt die Zeitung natürlich sämtliche Nachteile des Buches gleich mit.

Ich könnte jedes Mal schreien, wenn ich bei Verträgen, Anträgen oder Formularen mühevoll mit dem Stift auf Papier ausfüllen muss. Denn bei diesen handelt es sich meist um die gleichen Formulare, die ich schon oftmals davor und immer wieder ausfüllen musste. Später werden diese Daten größtenteils von Sekretärinnen wieder abgetippt, digitalisiert und in Datenbanken eingepflegt. Dabei frage ich mich, wohin diese Daten dann verschwinden, wenn ich erneut aufgefordert werde, ein neues Formular zu vervollständigen. Ein ziemlicher unsinniger Weg in meinen Augen, da noch über das Papier mit dem Datenspeicher am Ende der Kette zu interagieren.

Gibt es etwas Besseres als Papier?

Die Frage ist natürlich: Was ist die Alternative zum Papier? Schlagworte für den Ersatz für Bücher sind schon seit Jahren Technologien wie eInk bzw. ePaper. Aber es fehlt nach wie vor an der für den Massenmarkt tauglichen Implementation dieser Technik, die wohl auch in erster Linie als Ersatz für das klassische Buch abzielt. Für Tageszeitungen hingegen sehe ich eher die jetzt schon verfügbaren Webseiten als ausreichenden Ersatz an, auf den sich nur die mobilen Geräten einstellen müssen – und nicht umgekehrt. Für den Briefwechsel, der die Interaktion in Form von Formularen und Unterschriften erfordert, wären Webseiten mit einer Sicherheitstechnologie denkbar. Da sehe ich eher die fehlende Akzeptanz und das fehlende Vertrauen der Ämter und ähnlichen Institutionen als die bremsende Kraft.

»Die Haptik eines Buches ist nicht zu ersetzten.«

Natürlich ist das Konzept des Buches und auch das der Zeitung verdammt gut. Es ist günstig, in großer Menge herstellbar und auch wenn eine Seite einreißt, ist es noch funktionsfähig. Aber genauso wie wir uns daran gewöhnt haben, dass wir keine Selbstversorger mehr sind, die im Garten ein Gemüsebeet anbauen, kann man sich meiner Meinung nach schnell an die Haptik eines elektronischen Buches gewöhnen. Bei dem muss man keine Seiten umblättert, aber durch sein E-Paper-Display sieht es genau so aus wie gedrucktes Papier.

Als in England die Eisenbahn, am Ende des 18. Jahrhunderts in Betrieb genommen wurde, hatte die Bevölkerung zuerst auch eine gespaltene Meinung zu ihr. Die „hohe“ Reisegeschwindigkeit wurde als gesundheitsschädlich empfunden. Mit der Weiterentwicklung der Eisenbahn sind diese Fehleinschätzungen rasant verschwunden. Ähnliches Problem trat mit Revolution des Internets auf und ist auch auf das Phänomen E-Paper übertragbar.

Evolution der Mobiltelefone wird uns alle überraschen

Viele Leute reagieren bei dem Angriff auf das alt hergebrachte Papier bzw. Buch so: »Wir werden garantiert nicht am TFT lange Texte lesen! Niemand wird so einfach das Buch vergessen!«. Natürlich ist der TFT am heimischen PC denkbar ungeeignet, um zu lesen. Wir würden ja schließlich nicht das Buch nehmen, auf einen Buchhalter klemmen und uns dann in einem Bürostuhl davor setzten, um es am Schreibtisch zu lesen. Dafür gibt es schon ganz andere Geräte wie die oben beschrieben E-Books oder wie in meinen Augen: das Mobiltelefon.

Das Handy selbst hat eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte hinter sich. Zuerst wollte es keiner – nun muss man es haben. Vielleicht wird das Mobiltelefon eines Tages mithilfe eines kleinen Beamers im Gerät die Zeitung vor uns auf den Schreibtisch projizieren. Wenn ich mir die technische Entwicklung der Geräte ansehe, dann bin ich mir sicher, dass da sicher ein paar sehr abgefahrene Ideen auf uns warten, um Texte zu visualisieren.

Wahrscheinliche Finanzierung der elektronischen Zeitungen: Werbung

Mittlerweile glaube ich auch nicht, dass im Bereich der Zeitungen ein bezahltes Abo-System in Zukunft funktionieren wird, weil niemand gerne im Internet Geld für etwas bezahlt, was es einen Klick weiter kostenlos gibt. Zeitungen zu drucken, kostet Geld. Aber diese Informationen über das Internet weiterzugeben, ist vergleichsweise günstig. Trotzdem es dies finanziert werden und die wahrscheinlichste Lösung lautet: Werbung. Gegenwärtig sind die Werbepreise im Internet in der Regel nicht mit denen im Privatfernsehen zu vergleichen. Es wäre möglich, dass die Wirtschaft ein Umdenken an den Tag legt und neue Ideen könnten plötzlich eine Chance haben, da das Geld für die Umsetzung verfügbar ist.

Alte Schriftrollen – Lesen ohne Seiten

Die Art, wie Information in Form von verschriftlichter Sprache in der Geschichte der Menschheit gespeichert wurden, hat sich oft verändert. Auch wenn das Buch bzw. die Zeitung an sich ein tolles Konzept ist, kann es in meinen Augen nicht mehr mit den Vorteilen der digitalen Medien konkurrieren. »Macht der Gewohnheit« ist in meinen Augen eine schlechte Ausrede um das Papier zu retten. Es ziehen heute auch keine Rhapsoden mehr durchs Land und tragen die Informationen singender Weise zum Volk. Es stellt sich nicht mehr die Frage nach dem »ob«, sondern »wann« das Papier seine derzeitige Rolle abgibt – an das, von dem niemand momentan sagen kann, wie genau es aussehen wird.

Und auch wenn laut Spiegel.de 80 % der Deutschen ihre Zeitung lieber auf Papier lesen, denke ich, dass diese Einstellung an der Ermangelung einer Alternative liegt. »Allerdings jeder Dritte der Befragten, er oder sie informierte sich bereits heute eher über das Internet als über Zeitungen oder Zeitschriften.« heißt weiter in der Studie aus Bielefeld.

Wenn die Geräte zugänglicher und die Angebote im Bereich E-Zeitungen und E-Books besser und elektronische Abwicklung von Formalitäten über Netz sicherer wären, dann gäbe es eine echte Alternative zu den jetzigen Print-Angeboten und wir könnten den Abschied vom Papier wesentlich beschleunigen. Vielleicht ist doch das Internet an allem schuld, Herr Schirrmacher.


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Kommentare

159 Antworten zu „Wann stirbt das Papier?“

  1. Avatar von Änki
    Änki

    Nur auf mich persönlich bezogen sehe ich die ganze Sache mit den Büchern/Zeitschriften und der Digitalisierung getrennt.

    Zum einen freue ich mich mittlerweile bei Recherchen o.ä. auf digitale Medien zurückgreifen zu können und mich hier auch auf die Volltextsuche etc. verlassen zu können. Das hat dabei ganz einfach praktische Gründe. Hierbei muss ich meist nicht verstaubte, oftmals veraltete Bücher aus der Bibliothek nachhause schleppen oder im schlimmsten Fall mehrer Wochen in Wartelisten hängen.
    Auf der anderen Seite sortiere ich mein eigenes Bücherregal mit einer fast ekelhaften Freude nach Farben und Art der Bücher und freue mich, wenn ich alte Schätzchen oder gesammelte Werke mein eigen nennen kann. Das ist aber eher der privater Bereich.
    Im „beruflichen“ nehme ich die digitalisierte Form mit Handkuss an, weil sie schnell und vor allem überall erreichbar ist. Dabei zählt vor allem erstmal die Schnelligkeit.(Damit mir hier keiner nen Strick dreht: ich rede von Deutschland, weil ich hier ja nunaml im Moment lebe und weil ich auch davon ausgehe, dass in ein/zwei Jahren W-Lan etc. gut ausgebaut sind). Und nur weil z.B. Zeitungen gedruckt sind, heißt das nicht, dass Sie unbedingt einen Wahrheitswert gepachtet haben… =P

    Im privaten greife ich auch gerne auf Bücher zurück und ziehe mich Abends auch gerne mal mit nem Buch zurück. Dabei zählen dann auch haptische Werte etc..
    Wie gesagt: für mich die die Trennung das Entscheidene und damit kann ich gut leben. Missen möchte ich aber weder Digitales noch mein ach so geliebtes Bücherregal. =)

  2. Avatar von Woogey
    Woogey

    @Miriam:
    Dann bist du bei unserem Marci aber ganz schnell unten durch… Ich meine, wer liest denn noch Büchern ausser uns beiden? Minderheiten werden heutzutags so oft diskriminiert :)
    Das eine schliesst das andere jedoch ned aus. Literatur-Kritik Blogs hagelt es ja auch ned gerade vom Himmel, oder? Eine Überlegung ist es wert ;-) Ich würde mich dir auch als Leser zur Verfügung stellen, versprochen! ^^

    @Reclaimer:
    Vorallem das mit China ist ein Argument dass wir uns auf der Zunge zergehen lassen müssen. Zum ersten mal wird dem Westen deutlich: Energie ist nicht unendlich. Dito.

  3. Avatar von Änki
    Änki

    @ Reclaimer: das Ding muss ja nicht nur Zeitungen imitieren können. Und wo Marc Recht hat: nen Handy hat ja auch jeder – warum sollte man dann nicht so nen „Allround“-Teil haben?!

  4. Avatar von Marc
    Marc

    Manche Menschen können anscheinend den Unterschied zwischen dem Medium und dem Inhalt von Medien nicht auseinander halten. Wovon ich hier rede ist die Evolution des Buches weg vom Papier hin zum digitalen Text. Ich habe nie behauptet zu wissen, wie dieser digitale Text später konsumiert wird aber ich denke man kann im Moment auch ohne ein Medienwissenschaftsstudium abschätzen, dass dies nicht auf Papier passieren wird.

    Das dem Buch ein Hauch von Intellektualität umweht, war schon immer so. Aber genau wie Leute damals schon das Internet und dessen Auswirkungen unterschätzt haben wird diesmal die logische Konsequenz aus diesen Entwicklungen von vielen Leuten gerne ignoriert.

    Und zu dem lustigen Beispiel mit den armen Ländern und dem Zugriff auf Informationen:

    Dass manche Leute noch mit dem Ochsen den den Acker umgraben, hält uns anscheinend nicht davon ab mit Erntemaschienen zu arbeiten. Mobiltelefone hat komischerweise auch JEDER und Technologie wird schnell billig. Was vor 10 Jahren unbezahlbar war, liegt heute auf dem Flomarkt. Denk doch mal etwas in die Zukunft.

    In anderen Ländern können die Kinder zum Teil nicht mal lesen. Was spricht gegen die verrückte Idee, dass in diesen Ländern Roboter mit entsprechender KI den Leuten dort digitale Bücher vorlesen und als Lehrer funktionieren? Gerade an der Uni Bielefeld wird im Bereich Robotik eine Menge geforscht und irgendwann wird dies auch passieren. Dafür müssen Informationen strukturiert gespeichert werden.

    Und zu versuchen mich und meine Texte als „kurzsichtig“ zu titulieren, nur weil ich Papier als Informationsspeicher als unzureichend erachte (und nun wirklich der Einzige bin) zeigt mir eigentlich nur, wer hier „kurzsichtig“ denkt.

    Um es noch etwas zu verschärfen: Wer sagt, dass die zivilisierte Welt in 100 Jahren noch die Handschrift braucht? Und bevor man etwas dazu schreibt: Was ist daran schlimm und wieso empfinden die Leute heute das noch als Verlust?

  5. Avatar von Sparkus
    Sparkus

    Was spricht dagegen, dass man es knicken und nass machen kann?

    Dagegen spricht, dass du bei einem eBook mehrere „virtuelle“ Bücher in einer physischen Manifestation hast. Wenn du diese beschädigst, dann sind gleich ALLE virtuellen Bücher mit ALLEN Seiten betroffen. Finde ich irgendwie unpraktisch.
    Das Thema eBook ist an sich schon interessant und ich schaue in der Richtung auch immer wieder von Zeit zu Zeit (und ich muss gestehen, dass das neue Modell von Sony echt hübsch ist). Dennoch fallen mir ein paar Probleme mit elektronischen Büchern auf:

    1. Abhängigkeit vom Stromnetz. Egal wie gut der Akku ist, irgendwann muss man wieder an die Dose. Und auch ein Akku geht irgendwann kaputt (sehen wir ja bei Laptop- und Handy-Akkus). So ein eingelöteter Li-Ion Akku kann dann schon zu einem Problem werden, wenn der Hersteller nach 6 Jahren das Gerät nicht mehr supportet.

    2. Geringe Produktzyklen. Neue Modelle lösen alte so schnell ab, dass man von langfristigem Support nicht ausgehen kann (oder sollte). Versuch mal heute ein Ersatzteil für ein „Alcatel One Touch 701“ Handy aus dem Jahr 2001 zu bekommen.

    3. Keine offenen Standards. Alle mir bekannten eBooks, die es zur Zeit auf dem Markt gibt, setzen auf proprietäre Formate und/oder DRM. Proprietäre Formate setzen sich _selten_ durch (wenn überhaupt). Gerade Sony hat ein Händchen dafür, wenn darum geht mit eigenen Lösungen einen Griff ins Klo hinzulegen (MiniDisk, Memory Stick).
    Genauso unsicher wird das Medium durch DRM, denn DRM schützt nur die Interessen der Herausgeber, nicht die der Kunden. Bei DRM können jederzeit die Zertifikate zurückgezogen werden („Dieses Buch veröffentlichen wir nicht mehr, daher wurde das Zertifikat gesperrt“) Außerdem kauft man bei DRM nicht, man lizenziert – kleiner Unterschied, große Wirkung.

    4. Elektronische Bücher sind nur geringfügig billiger als ihre gedruckten Pendants. Bei Ciando zB spart man manchmal nur wenige Euro gegenüber der Printversion, was ziemlich deutlich zeigt, dass der Druckkostenanteil eines Buches gar nicht sooo hoch ist.

    5. Die Haptik ist sicher ein Streitpunkt, der vom persönlichen Standpunkt bzw. von persönlichen Vorlieben abhängt. Was aber die Usability angeht, hat ein gedrucktes Buch ein ziemlich nettes Feature: Eine physische Fortschrittsanzeige. Zunächst kann ich anhand der Dicke des Buches erkennen, was an Lesestoff auf mich zu kommt (fand ich als Schüler immer wichtig). Und was viel toller ist: Es hat auch eine geniale Fortschrittsanzeige. Das klingt vielleicht lächerlich, aber für Viele ist es wichtig, den Erfolg – den Lesefortschritt – einfach zu sehen, zu spüren. Das gute Gefühl, wieder eine Seite weiter zu sein. Ich glaube, den selben psychologischen Effekt erreichst du nicht mit einem Fortschrittsbalken oder einem Seitenzähler.

    6. Ein eBook bietet keinen _wirklichen_ Mehrwert. Es ist lediglich eine andere physische Form. Sicher, es gibt bei eBooks Volltextsuchen, Lesezeichen (obwohl man auch heute in einem gedruckten Buch viele Lesezeichen unterbringen kann) und man kann in einem Gerät eine ganze Bibliothek unterbringen (zumindest theoretisch). Aber es geht schon mit Kleinigkeiten los, die fehlen: Bei einem eBook kann man keine Randnotizen machen. Geht das eBook kaputt oder verloren, dann sind mit einem Schlag ALLE darauf gespeicherten Bücher weg. Bei gedruckten Büchern bedarf es schon eines Wohnungsbrandes oder einer Flut). Und man kann nicht einfach einem Kollegen Textauszüge kopieren.

    7. Die Geräte sind zu teuer. Aufgrund des hohen Anschaffungspreises und der hohen Kosten für die digitalen Bücher wird sich ein eBook nie amortisieren.

    8. Digitale Daten an sich haben einen enormen Vorteil: Sie sind verlustfrei kopierbar, sind meist auch (mehr oder weniger) in verschiedene Formate wandelbar und können mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden. Aber: Digitale Daten sind IMMER ganz oder gar nicht. Analoge Daten „verblassen“. Aber digitale Daten sind entweder ganz da oder gar nicht. Ist das eBook z.B. binär codiert und es gibt einen Fehler im Flashspeicher (niemand weiß, wie lange Flashspeicher in der Praxis Daten wirklich stabil halten) und dieser Fehler beschädigt den Header der Datei, dann ist das GANZE elektronische Buch nicht mehr lesbar. Digitale Daten müssen also ständig irgendwo gesichert werden (müssen also kopierbar sein.) Was ich davon halte, Inhalte von einem zentralisierten Dienst (wie zB GO_OGLE) verwalten zu lassen, weißt du sicher. Denn es wird immer „gefährliche“ Bücher geben und sobald du etwas zentralisierst, kannst du mit staatlicher Gewalt etwas sperren oder unterdrücken. Dass das bei GO_OGLE auch wirklich passiert ist dir ja auch nicht neu.

    9. Bücher (und Zeitungen) haben immer einen nichtmedialen Mehrwert, da man sie zweckentfremden kann. Du kannst mit einem ePaper keinen Fisch auf dem Markt einwickeln (wird sowas heute eigentlich noch gemacht?), du kannst aus ihnen keine Malerhüte basteln oder sie beim Streichen der Wände als Tropfschutz unterlegen (ok, wenn du ein zu reicher Pimp bist, dann kannst du das auch mit ePaper machen) – ja nichtmal einer Fliege den Garaus machen! Du kannst ein eBook nicht nutzen um Fotos oder Briefmarken zu pressen, es als Leiter missbrauchen oder einfach als Deko-Element verwenden (hey komm, sone pralle Bibliothek zu Hause wirkt UNGLAUBLICH intellektuell!)

    10. Insgesamt fehlt den eBooks das revolutionär Neue, das aus ihnen eine „Killerapplikation“ macht. Sie sind nur ein Upgrade eines bestehenden Mediums. Sie können zwar einiges, was ein gedrucktes Buch nicht kann (was aber nur wenige brauchen) aber etliches eben auch nicht. Ihnen fehlt der Clou, der Kniff (manche nennen es auch das „Mojo“ *g*) Und zu dem überhöhten Preis zu dem sie scheinbar widerwillig auf den Markt geworfen werden; mit all den Nachteilen und den wenigen Vorteilen; werden eBooks fürchte ich nur etwas für Nerds bleiben.

    Hoppla, nun sinds doch 10 Punkte geworden. Naja, je später der Abend desto klarer die Gedanken oder so. Diese Kritikpunkte sind übrigens nicht gedacht, eBooks schlecht zu machen, sondern zu überlegen, wie kann man sie vielleicht verbessern kann. Ich hab ja generell nichts gegen elektronische Texte – was man schon daran sieht, dass ich dir diesen mittlerweile zu einem Essay herangewachsenen Kommentar nicht handgeschrieben per Post zuschicke, sondern eben doch auf elektronischem Wege.

    Vielleicht sollte man mal die Jungs von Apple ranlassen. Die sind eigentlich immer ganz gut, wenns darum geht, Dingen einen Mehrwert zu geben (nein, ich meine nicht extravagante Gehäuse und überzogene Preise *g*)

    Mir ist übrigens aufgefallen, dass ich das Wort „eBook“ manchmal synonym für das Gerät und das digitale Buch verwende. Also ich hoffe im Text ist die jeweils gemeinte Bedeutung klar geworden.

    Ich hoffe, ich konnte mit diesen 10 Punkten die allgemeine Debatte ein bisschen bereichern, wenigstens aber auf halbwegs sinnvolle Weise meinen Senf zu diesem Thema dazugeben (so, nun darf weiter geflamt werden *g*)

    Fränk.

  6. Avatar von Miriam
    Miriam

    Marc, du hast ganz recht: „uns“ wird wahrscheinlich niemand davon abhalten, digitalisierte Texte und deren zahlreichen Vorteile zu nutzen.
    Ich fänds auch super, wenn mittels neuer Technik Menschen lesen und schreiben lernen. Noch besser fände ich, wenn sich die Menschen diese Technik auch selbst leisten könnten… Die Gedanken lassen sich endlos weiterspinnen. Es lässt sich viel diskutieren. Viele Visionen, viele gute Intentionen.
    Doch es bleibt dabei, wenn man deinen Titel „wann stirbt das Papier“ betrachtet, dann bin ich mir recht sicher, dass wir das in unserem Leben nicht beantworten werden.

  7. Avatar von Marc
    Marc

    Sämtliche von dir aufgeführten Punkte werden sich in Zukunft sicherlich in den Griff bekommen.

    1. Abhängigkeit vom Stromnetz.

    Was ist mit Solarenergie? Vor 20 Jahren hätte niemand gedacht, dass wir heute praktisch den Personal Computer durch die Gegend tragen. Was wird in 20 Jahren sein? Wohl kaum Geräte mit einer Akkulaufzeit. Die Energieaufnahme wird geringer und die Energiespeicherung und Erzeugung effizienter. eBooks brauchen (siehe oben) nur für das „Umblättern“ Strom und nicht für das anzeigen.

    2. Geringe Produktzyklen.
    Standards pendeln sich ein. Siehe Windows als OS mit anderen Programmen die auf Windows laufen.

    3. Keine offenen Standards.
    War bei digitaler Musik auch ein langer, steiniger Weg der aber jetzt endlich vorbei ist. MP3s von Amazon sind DRM-frei.

    4. Elektronische Bücher sind nur geringfügig billiger als ihre gedruckten Pendants.
    Jetzt noch. Was ist in 10-20 Jahren?

    6. Ein eBook bietet keinen _wirklichen_ Mehrwert.
    Genau so wie Schallplatte und MP3? Sehr kurzsichtig gedacht. Lies meinen Artikel. Da sind viele plausible Gründe aufgeführt.

    7. Die Geräte sind zu teuer.
    Computer waren mal so teuer wie Luxusautos.

    8. Datenkontrolle durch zentralisierte Netze
    Die Menschen hatten auch erst Angst vor der Eisenbahn.

    9. Bücher (und Zeitungen) haben immer einen nichtmedialen Mehrwert, da man sie zweckentfremden kann.
    Das haben z.B. Handys mittlerweile auch. Es ist ein anderer Mehrwert aber es ist einer. z.B. als Fotospeicher.

    10. Insgesamt fehlt den eBooks das revolutionär Neue, das aus ihnen eine „Killerapplikation“ macht.
    Das wird kommen wie die MP3-Player die auch nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurde. Der Wechsel von Schallplatte zu CD ging dann auch recht schnell.

    Es fällt auch, dass ein paar von euch scheinbar nur 3-4 Jahre in die Zukunft denken können. Interpoliert doch mal 10, 20 oder 30 Jahre.

    @Miri, Anke ect:
    Sparkus = Fränk = DER Fränk. Nur, dass ihr wisst, mit wem wir hier reden. =D Morgen FH Mensa?

  8. Avatar von Sparkus
    Sparkus

    Zu 1:
    Solarenergie ist immernoch nicht ausgereift genug (zu geringer Wirkungsgrad) um Stromfresser wie PCs zu betreiben. Tomshardware hatte mal zu Testzwecken einen PC entworfen, der ausschließlich mit Solarenergie lief. Man brauchte dazu aber zwei relativ große Solarpanels (laut Website erzeugt man ungefähr 150W pro qm Panel – bei knallendem Sonnenschein). Aber auch ein Solar-eBook bräuchte einen Akku, denn die Sonne hat den gewaltigen Nachteil dass sie nicht immer scheint. Das Problem ist folglich nicht wirklich gelöst, sondern nur verschoben.

    zu 2:
    Versuche mal bitte unter Windows XP „Warcraft 2“ zu spielen. Ich brauchte dafür bereits einen Emulator. Das Spiel ist nur 12 Jahre alt und funktioniert bereits drei Generationen Windows später nicht mehr (Win95-Win98-WinXP) und das obwohl es damals sehr erfolgreich war.

    zu 3:
    MP3 ist ein offener Standard, deswegen ist er so erfolgreich. WMA wiederrum nicht. Auch Apples Fairplay nicht, weshalb viele ihre Musik umwandeln. In MP3.

    zu 4:
    Was in 10 Jahren sein wird weiß ich nicht. Ich bin kein Prophet. Was mich dabei tröstet ist: Du weißt es auch nicht. Du wagst eine Prognose. Das ist mutig. Vor 50 Jahren hat man prognostiziert, dass zur Jahrtausendwende jeder mit seinem eigenen kleinen UFO überall rumdüst, wir Menschen andere Planeten bevölkern und keiner mehr krank ist. Vor wenigen Jahren wurde zu mehrfachen Gelegenheiten das Ende der Welt prophezeit. Offensichtlich ist beides nicht eingetreten. Prognosen sind nunmal leider nicht mehr als im besten Falle Projektionen unserer Vergangenheit (Neil Postman kommentiert in einem seiner Bücher sehr amüsant Marshall McLuhan, der sich dem Thema des „Rückspiegeldenkens“ angenommen hatte).
    Aber um auf deine Annahme zurückzukommen, vielleicht ein Beispiel aus der Gegenwart (denn über die kann ich mehr aussagen): Ein CD-Album kostet? Ca. 10,- Ein Album bei iTunes kostet? Ca. 10,-
    Fällt dir was auf?

    zu 6:
    Ich denke grundsätzlich nicht kurzsichtig, so gut solltest du mich kennen. MP3s bieten gegenüber Schallplatten durchaus Mehrwerte: Sie sind frei zusammenstellbar (eine LP hat eine feste Abfolge von Liedern), sie sind annotierbar über ID3 Tags (ich kann Zusatzinformationen im Song speichern), sie sind einfach und verlustfrei kopierbar, haben eine bessere Tonqualität (technisch, die ästhetische Qualität ist wieder was anderes) und sie verschleißen nicht, da sie nicht an ein konkretes physisches Medium gebunden sind.

    zu 7:
    Und Computer haben eben wieder etwas so revolutionäres, dass sich ein Markt für sie entwickeln konnte, wodurch sich eine Nachfrage entwickelte… Der Rest ist bekannt. Luxusautos sind aber nach wie vor teuer (jetzt überleg, wieso das so ist).

    zu 8:
    Es ist aber ein Unterschied, ob man Angst vor etwas Neuem hat oder ob man aus der Geschichte der Menschheit gelernt hat. Denn die zeigt immer wieder, dass Zentralisierung irgendwann in Unfreiheit endet. Wir Menschen sind leider nicht altruistisch genug, um stets nur das Wohl der gesamten Menschheit zu sehen. Zentralisierung bedeutet immer, Macht in die Hände von wenigen zu geben. Und Macht macht selbst die frommsten Menschen schlecht.

    zu 9:

    Ich meinte das eher anders. Dass man ein Handy, in das ein Speicher eingebaut ist und welches ein Display besitzt dazu nutzt, um Bilder drauf zu speichern und anzuschauen ist ja keine Zweckentfremdung. Man nutzt damit nur die eigenschaften des Geräts. Niemand benutzt sein Handy, um damit nach der Nachbarskatze zu werfen, einen Nagel in die Wand zu schlagen oder um eine Tür damit zu verkeilen. Die einzige Zweckentfremdung von Handys, die mir gerade einfällt ist, sie als Fernzünder für Bomben zu missbrauchen (ok, doofes Beispiel, aber du siehst, was ich meine. Eine weniger drastische Zweckentfremdung wäre vielleicht, das Handy als Modeschmuck zu betrachten oder um damit Bierflaschen zu öffnen. Hmm…)

    zu 10:
    MP3 Player setzten sich auch erst durch, als es einen Mehrwert gab. Mein erster MP3 Player konnte keine ID3 Tags lesen, konnte nur 32MB speichern und war ziemlich rudimentär. Er war wie ein „Walkman 2.0“. Verbessert, aber nichts unbedingt neues (gut, man konnte Titel überspringen wie bei einer CD) Der große Durchbruch kam meines Empfindens nach erst mit dem iPod. Und was hat Apple gemacht? Sie hab nicht nur einfach ein stylisches Gerät gemacht, womit man Musik abspielen konnte. Sie haben auch Playlisten integriert, eine Musikdatenbank quasi, die speichert, wie oft man was hört, welche Songs neu sind, welche man nie hört. Diese Art, Musik zu verwalten war neuartig. So konnte man Songs entdecken, die man sonst nie gehört hätte, man sah, welches seine persönlichen Top Ten waren. Und der iTunes Store bietet die Möglichkeit, neue Songs zu entdecken, die ähnlich zu dem sind, was man hört. All das in Kombination brachte einen Durchbruch, der dann von anderen nachgeahmt wurde – und wird. (An dieser Stelle sei natürlich angemerkt, dass Apple darüberhinaus eine gigantische Marketingmaschinerie angekurbelt hatte um einen „Kult“ zu erschaffen.)

    Ein großer scheinbarer Mehrwert, den eBooks anbieten, ist die Volltextsuche. Die benötigt man in Romanen weniger, umso mehr aber in Sachbüchern und technischen Dokumentationen. Diese letzteren beiden besitzen aber in der gedruckten Version meist am Ende des Buchs einen Index, womit man ziemlich gut im Buch navigieren kann.

    Deine Forderung, in die Zukunft zu extrapolieren, finde ich interessant. Denn Extrapolationen beruhen zum einen immer auf bereits bekannten Werten und neigen zum anderen dazu, mit zunehmender Extrapolationsweite unschärfer zu werden.
    Im Prinzip das, was auch Postman argumentiert. Der Blick in die Zukunft offenbart uns nichts neues, denn jede Vorhersage entspringt dem Blick in die Vergangenheit.
    Nett zu lesen ist an dieser Stelle ein Teil eines Wikipedia Artikels zum Film „2001 – Odyssee im Weltraum“ in dem die Zukunftsvisionen des Films mit dem tatsächlichen Stand der Dinge im Jahr 2001 verglichen werden. Der Film hat auch eine Prognose ca. 30 Jahre in die Zukunft gewagt.

    So, nu mach ich aber Feierabend *g*

    Fränk.

  9. Avatar von Marc
    Marc

    Wir hatten gerade einen sehr erhellenden Kurs bei Herrn Mehler in Texttechnolgie.
    Wir arbeiten generell fast nur noch mit digitalen Texten deren Vorzügen die normales Papier nicht leisten kann. Dazu gehört z.B. die Verlinkung die fürs erste trivial erscheinen mag aber damals genau so revolutionär war wie beim ersten Bau einer Bibliothek. Da hatten auch viele Leute Angst, dass Wissen nur bestimmten elitären Gruppen zur Verfügung steht und wir plötzlich nichts mehr wissen müssen, weil man es ja nur Nachlesen muss.

    Das man den intellektuellen Schritt im Kopf erstmal gehen muss, dass Information nicht an Papier gebunden ist und wir mit dem Hypertext auf dem Weg zu einer neuen Art im Umgang mit Texten sind, leuchtet mir ein. Aber Medienwissenschaftler wie wir sollten diesen Schritt dann wenigstens im Kopf etwas schneller gehen können als Leute, die nicht schon jetzt mit Technik umgeben sind.

    Die Papierproduktion wird natürlich nicht in 5 Jahren völlig eingestellt werden. Das wäre utopisch. Aber dass Papier nicht das Medium der Zukunft ist sondern in absehbarer Zeit ersetzt wird, müsste jedem klar sein, der sich etwas mit diesen Dingen beschäftigt.

    Vergesst nicht, dass das Buch selber damals auch scharf kritisiert wurde aus ganz ähnlichen Gründen wie heute die technologische Entwicklung in diesem Bereich von Leuten ohne Weitblick kritisiert wird.

    Niemand hätte gedacht, dass das Buch die Menschheit so schnell verändern würde. Es hat auch niemand interessiert, dass diese Bücher nur für die elitären Kreise verfügbar waren, weil sie schlicht zu teuer waren.

    Das selbe passiert gerade mit dem Computer: er wird besser, schneller und billiger. Wie Zeitungen in Zukunft aussehen werden, dürfte klar sein: Webseiten. Bei eBooks wird es etwas schwerer weil die Hardware noch nicht wirklich bezahlbar ist und noch nicht handlich genug. Aber in 10 Jahren kann es zu einer echte Alternative werden, auch abends im Bett auf einem solchen Gerät zu lesen.

  10. Avatar von Sparkus
    Sparkus

    Ich finde, gerade wir Medienwissenschaftler sollten nicht alles mit wehenden Fahnen begrüßen und umsetzen sondern immer kritisch hinterfragen. Nur die Vorteile zu sehen ist genauso falsch wie nur die Nachteile zu benennen. Ich will jetzt nicht als Technikfeind verstanden werden – ich nutze ja auch jeden Tag Technik. Mir geht es nur darum zu überlegen, wie eBooks wirklich die Menschheit bereichern könnten, denn in ihrer jetzigen Form tun sie das irgendwie nicht wirklich.

    Ja, Hypertexte sind wirklich ein Schritt nach vorne, da sie durch die Verlinkung Quellen direkt überprüfbar machen, bzw. das Zitieren überflüssig machen können (und Texte zu einander in Beziehung setzen). Aber sie haben auch eine Schwäche: Dead Links. Oft genug führen Links ins Nichts, wodurch das Wissen sehr kurzlebig geworden ist. Bei zwei Jahre alten Postings in Foren sind Dead Links fast schon normal. Inwiefern das zB ein Schritt nach vorne ist, ist fraglich. Zumindest in ihrer derzeitigen Form finde ich Links nicht perfekt (sich selbst aktualisierende Links wären doch z.B. mal interessant; manche CMS machen sowas schon innerhalb der eigenen Site).

    Ich denke, wie so oft im Leben wird es der Weg der Mitte. Als die ersten Digitalkameras kamen, wurde das Ende des fotografischen Films prophezeit. Nunja, es wird nicht mehr soviel wie früher auf Film fotografiert und der Markt ist kleiner geworden, aber es gibt immernoch genügend Leute, die auf Film fotografieren. Ich denke, eBooks werden sich dort einfinden, wo ihre Verwendung den meisten Sinn macht. Und für alle anderen Fälle wirds auch weiterhin gedruckte Bücher geben.

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