Eigentlich wollte ich nur meinen damaligen Studienkollegen und A&D Nachhilfe Christoph Mäschig in den Büroräumen seiner neuen Firma besuchen. Zusammen mit seinem ehemaligen Kollegen Mathias Keswani hat er Nerd Industries gegründet, um „innovative Produkte der Zukunft“ zu entwickeln. Deswegen liegen dort auch tonnenweise coolen Geräte wie die Leap Motion und die Virtual Reality Brille Oculus Rift herum! Netterweise haben mir die Jungs das Geekspielzeug ausprobieren lassen.
Immersion trotz Pixelbrei
So ähnlich wie auf dem Screenshot sieht der erste Eindruck durch die Brille aus – nur in echtem 3D und dass man wirklich durch Bewegen des Kopfes umhergucken kann. Durch sehr empfindliche Bewegungssensoren verfolgt die Oculus Rift die Bewegungen des Kopfes und sendet diese Informationen wieder an den angeschlossenen Mac, der wiederum das Bild der beiden Mini-Bildschirme innerhalb der Brille entsprechend ansteuert. Jede Kopfbewegungen wie querlegen, auf- und abgucken oder wildes Wackeln wird in Echtzeit aufgenommen und ausgewertet. So hat man absolut den Eindruck, als könnte man sich in der virtuellen Realität umschauen. „Gehen“ passiert aber ganz normal über die Tastatur.
Der einzige Haken: die Auflösung der Brille in der jetzigen Entwicklungsversion für $300 mit 1280 × 800 Pixeln für beide Augen zusammen recht gering. Es sieht deswegen wirklich ähnlich pixelig aus wie auf dem Screenshot oben. Aber durch das Tracking der Bewegungen des Kopfes in vergisst man das innerhalb weniger Sekunden und erlebt eine starke Immersion. Auf der Homepage von Nerd Industries gibt es ein anschauliches Video von eins|plus zu dem Thema. Von mir gibt es natürlich auch ein Video von diesem prägenden Moment meinem Leben:
Der weite Weg zur Matrix
Technologien, welche über die Grafikleistung hinaus durch Stimulierung von anderen Sinnesorganen als den Augen, versuchen, die Immersion zu steigern, sind meiner Ansicht nach unnötig, bis die Illusion perfekt ist. Ob nun die 3D Revelator, der Nintendo 3DS oder ein 3D Fernseher: Der WOW-Effekt lässt nach wenigen Minuten nach.
Obwohl die Oculus Rift vor allem durch die Accelerometer und das breite Sichtfeld dem Traum von virtueller Realität so nah wie nie kommt, sind wir doch weit davon entfernt, wirklich komplett in die Matrix zu tauchen. Besonders die Schere zwischen dem Sitzen vor dem Rechner mit samt der Steuerung per Maus und Tastatur und den schwebenden Umherwandern des Alter-Ego im Spiel zerstört ein gutes Stück der Glaubhaftigkeit. Wir können nur sehen aber nicht umhergehen. Da ist der 3D Cave meiner Meinung nach immer noch einen Schritt näher dran an dem, was man damit erreichen will: der völligen Täuschung der menschlichen Sinne.
Die Oculus Rift ist meiner Ansicht nach am besten für Spiele oder Anwendungen geeignet, bei denen man auch in der virtuellen Welt an einem festen Punkt sitzt und sich umschauen kann und muss. Das wäre z. B. in einer Kampfjet-Simulation oder Weltraumschlacht wie Wing Commander der Fall. Egosgooter oder gar Spiele mit ThirdPerson-Ansicht wie Assassin’s Creed oder Tomb Raider sind für meinen Geschmack nicht so dafür geeignet, mit der Brille gespielt zu werden. Das Fadenkreuz wird auch nicht mit der Bewegung des Kopfes gesteuert sondern mit herkömmlichen Eingabegeräten wie Joypads, Keyboard und Maus oder Kinect. Es fehlt also immer noch ein großes Stück bis zum Sprung von einem Hausdach zum Nächsten, wie Neo das 1999 in der Matrix vorgemacht hat.
Evolution aber keine Revolution
Das heißt nicht, dass ich das Thema nicht weiter verfolgen werde oder es mich nicht fasziniert. Ich habe damals inspiriert durch 3D Shutterbrillen einen Kurzfilm mit Anaglyphtechnik als Bachelorarbeit produziert. Nur hat das Eintauchen in virtuelle Spiele erst mal für mich wenig mit 3D oder Motion Tracking zu tun, sondern wie gut das eigentliche Spiel ist. Das ist in meinen Augen auch der Hauptgrund, warum oft Personen, die nicht oft Computerspiele konsumieren, mit komplexen Spielen wenig anfangen können. Sie überschreiten nicht den Punkt, an dem sie das virtuelle Geschehen als die Wirklichkeit akzeptieren und tauchen nicht ein. Hier können Geräte wie die Oculus Rift sicherlich den Einstieg vereinfachen.
Nur bedingt für Spiele geeignet
Wie bei der schrecklichen Nintendo Wii ist das meiner Meinung nach nichts für komplexe Spiele. Da bleibt es ein nettes Gimmick, was dem Erlebnis des Gameplays aktuell noch mehr im Weg steht als dabei zu helfen, ihn zu gehen. So lange es keine Spiele gibt, die zwingend die Oculus Rift benutzen müssen oder es eine Konsole mit einer Brille dieser Art gibt, es es wohl leider den Geek-Status der Revelator 3D behalten.
Wo ich aber demnächst definitiv öfter hingehen werde, ist zu Nerd Industries um Christoph und Mathias zu besuchen. Ist ja gleich um die Ecke und bis dahin kann ich auch die AGBs mitrappen. (Wie seid ihr an den Typen gekommen?!!)
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