Ist Videospiel-Journalismus tot?


Frank West, Fotojournalist. Tot.

Was für andere im Fussball die Bundesliga oder die Weltmeisterschaft darstellt ist für mich im Bereich Videospiele das Erscheinen einer neuen Konsolengeneration. In diesem Fall stehen sich die Xbox ONE und die PlayStation 4 fast zeitgleich mit ähnlicher Hardware gegenüber. Über die bekannten Fakten habe ich schon direkt nach den Präsentationen einen Artikel über die Unterschiede zwischen Xbox ONE und PlayStation 4 geschrieben.

Früher haben wir noch auf toten Bäumen gelesen

Zu Zeiten des Nintendo 64 habe ich damals wie ein Irrer auf das Erscheinen der Zeitschrift Video Games gewartet um alle Information so schnell es geht in mich aufzusaugen. Wie sehen die Spiele aus? Wie viel Grafikspeicher hat das Gerät im Vergleich zur PlayStation 1. Aber vor allem wollte ich meine wichtigste Frage beantwortet haben: Was soll ich mir kaufen? Was anderes blieb mir auch nicht übrig denn viele andere Quellen gab es nicht außer dem Laden M.C. Game in Bielefeld, wo ich mir quasi jede neue Konsole in Form der japanischen Version ein paar Monate live anschauen konnte und man dort Leute traf, mit denen man über das Thema philosophieren konnte. Anders war nicht an Insiderinformationen  zu kommen.

Informationsbeschaffung im Web 2.0

Heute läuft das alles anders ab. Im Internet wird man überschüttet mit Informationen zu dem Thema. Nun möchte man meinen, dass die großen Nachrichtenportale alle Informationen haben und diese sofort mit uns armen Menschen teilen wollen. Falsch. Alle relevanten Informationen kamen nicht von den großen Namen wie Gamespot, IGN oder den paar deutschen Portalen sondern aus Foren wie dem NeoGAF oder Twitter.

Während sich vor allem die deutsche Presse mit Wischi-Waschi-Aussagen wie „die Xbox ONE ist toll aber die PlayStation 4 ist auch super. Wir haben euch mal eine Bildergalerie zu den Spielen zusammengestellt, damit wir unsere Ad-Impressions bekommen“ nerven, kommen dort Insider aus allen Bereichen zusammen um Informationen durchsickern zu lassen. Mein persönliches WikiLeaks wenn man will. Dort trifft man Entwickler genau so wie Mitarbeiter von Sony und MS die einfach ihre Informationen anonym der Welt mitteilen wollen. Und zwar ohne, dass sie Geld dafür bekämen, auf AdImpressions achten müssen oder sich um irgendwelche lächerlichen Embargos der Hersteller scheren müssten.

Echte Pressefreiheit gibt es nur im Internet

Dort wird auch ganz klar und offen gesagt, was für Probleme Sony, Microsoft und Nintendo haben.  Dass die Wii U der Flop wird, dem ich dem Vorgänger andichten wollte wird dort in Tabellen klar und deutlich aufgezeigt. Und die Probleme, die Microsoft mit der Hardware der Xbox ONE hat wurden dort schon vor Monaten mit Screenshots und professionell gemachten Vergleichen offengelegt. Warum machen das die echten Journalisten nicht? Sie können es nicht. Die wollen es nicht nicht verscherzen mit Herstellern weil sie natürlich deren Unterstützung brauchen. Konsolen und Spiele vorab werden einem nicht einfach so zugeschickt. Dann noch den tollen Satz am Ende eines jeden Vergleichsartikels, um den Hals aus der Schlinge zu ziehen: „Beide sind gut und jeder hat seine Stärken und Schwächen aber am Ende muss sich natürlich der Kunde entscheiden“.

Danke, dann kann ich auch gleich Werbetexte auf microsoft.com, sony.com oder nintendo.com lesen oder den Saturn-Mitarbeiter fragen. Zurück zur Frage, ob Videospiel-Journalismus tot ist: Für mich definitiv. Ich lese weder gedruckt noch digital noch etwas was nicht direkt von der Quelle selber kommt. Ich brauche nichts Vorgekautes zu diesem schnelllebigen Thema und wenn ich eine Übersicht brauche, dann gucke ich mir die ersten 30 Thread im Maniac-Forum an.  Und ich muss schon immer lachen, wenn selbst mein Lieblingsportal Kotaku Meldung über Twittermeldungen macht. Wo bleibt der Mehrwert und wo bleibt die Dienstleistung für mich? Jeder kann ein Let’s Play im Internet machen oder ein Spiel rezensieren. Ich tue das ja selber auch. Für mich ist klassischer Journalismus in diesem Bereich Schnee von gestern. Was sagen meine Leser zu dem Thema – falls ihr nicht auch schon lange woanders lest statt hier?


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Kommentare

9 Antworten zu „Ist Videospiel-Journalismus tot?“

  1. Avatar von Andy
    Andy

    Der Text war ja gar nicht schlecht, aber das hier disqualifiziert dich:

    mein Lieblingsportal Kotaku

    Kotaku? What the fuck?

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Lese ich super gerne. Es geht bei denen ja nicht direkt um klassische Themen sondern um alles, was mit der Welt der Spielkultur zu tun hat. Im Gegensatz zu dem einst gehypten Polygon machen bei Kotaku die verrückten Überschriften schon Lust auf mehr.

  2. Avatar von Karsten
    Karsten

    Ich glaube du bist nicht die Zielgruppe und zu gut informiert. Zu spielen lese ich möglichst garnichts und nutze maximal Metacritics. Ich will mir ein eigenes Bild machen und hasse den Hype. Aber mal im Ernst, ich bin auch alles andere als die Zielgruppe. Was interessiert mich das neue Call of Duty? Früher hab ich gerenderte Trailer immer abgelehnt, da die Spiele dann nichts mehr davon hatten, was der Trailer gezeigt hat. 4Players lese ich ab und an ganz gern, da sie manchmal meckern. Oder EuroGamer ist immer recht negativ. Ich lese maximal die schlechtesten Wertungen und versuche nur zu sehen ob das irgendwie berechtigt ist, was da steht und gut.

    Aber alles in allem lieber Marc: Die Leute da draussen wollen den Hype und den fanb0ism. Schau dir den Hype zur BlizCon an… *würg*. Ich sage das funktioniert alles immer noch gut und man verdient Geld damit. Aber nicht mit uns 2 gegen Millionen.

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Hi Karsten,

      schön, dass Du mal als stiller Leser was schreibst. Und dann auch noch so viel. :) MetaCritics nutze ich auch gerne. Manche Personen sind ja per se gegen Wertungen in Form von Zahlen aber ohne die klare Aussage „Spiel X ist um 2 Punkte besser als Spiel Y“ wären mit Hits wie Dark Souls oder Super Meat Boy entgangen. Ich denke mir immer, dass da ja was dran sein muss, wenn ein Spiel 9.5 von 10 bekommt.

      Wahrscheinlich hast Du recht mit dem zu gut informiert sein. Aber irgendwie musste ich ja an die Informationen kommen. Und da sind mir die üblichen Verdächtigen einfach zu lasch. Niemand bei der Gamepro oder IGN würde eine Headline wagen mit „Es ist entschieden: PS4 besser als XBOX ONE“. Oder alleine schon, dass sie die Informationen erst nach Datum XY rausgeben müssen ist lächerlich, wenn es ein paar Klicks weiter mit Video auf Youtube im Gaf steht.

      Und ich mag den Hype. ;-) Nur der entsteht bei mir nicht (mehr) durch den klassischen Videospiel-Journalismus.

  3. Avatar von Mario
    Mario

    Dann noch den tollen Satz am Ende eines jeden Vergleichsartikels, um den Hals aus der Schlinge zu ziehen: “Beide sind gut und jeder hat seine Stärken und Schwächen aber am Ende muss sich natürlich der Kunde entscheiden”.

    Naja, am Ende ist es doch eigentlich eh genau der Satz, der zählt. Erst recht, wenn die neuen Konsolen nicht einmal erschienen sind. Auch heute würde ich mich wieder für die PS3 entscheiden und Du für die 360, oder? Das liegt auch nicht daran, dass die 360 die bessere Konsole ist, sondern dass sie in Deinen Augen die bessere Konsole ist. :) Nimms leicht, Marc. Es ist nicht wichtig, ob Du nun die „beste“ Konsole vorbestellt hast, das wird sich erst noch zeigen müssen.
    Und wer braucht überhaupt Videospiel-Journalisten, wenn es MarcTV gibt? :D …na gut, ein paar Klopper wie den „GTA4-Vergleich“ gibts dann doch ab und zu.^^

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Hey, ich bin gerne der Gegenpol zur „Fachpresse“. Der Nintendo-Artikel damals als auch vor allem der GTA PC vs Konsolenvergleich haben das Blog hier erst bekannt gemacht. Offensichtlich gibt es ja Bedarf für Klartext. Und da jeder gerne anfangen kann zu bloggen, spricht auch nichts dagegen, dass jemand eine Gegenmeinung dazu verfasst.

      Ich stelle MarcTV aber nicht auf eine Stufe mit dem Gaf. Von mir war eigentlich gar nicht die Rede. Ich meine wirklich Foren und Twitter, wo die coolen Leute abhängen, die vor allem direkten Zugriff auf die Geräte haben und drüber schreiben dürfen – oder sich nicht an Embargos halten.

  4. Avatar von Marc
    Marc

    Aktuelles Beispiel: ein Typ hat die XBOX ONE zwei Wochen eher und packt auf Twitter alle Infos ins Netz. Vorbei an Embargos usw.

  5. Avatar von ben_
    ben_

    Ich würde auch sagen: Herzlich wilkommen am Ende der Fahnenstange, bitte nicht weiterklettern! Taurig aber wahr, da wo Du stehst, da ist kein Markt mehr, der (derzeit) journalistisches Arbeiten finanzieren würde. Oder anders: Du bist längst auf der anderen Seite des Journalismus angekommen mein Lieber. Falls Du uns schon hier nicht verraten magst welche Konsole wir und denn demnächst kaufen sollen, könntest Du’s vielleicht einem anderen Portal anbieten. Die Jungs von Spieltipps.de waren ziemlich kuhl, als wir vor 2 Jahren mal mit denen gearbeitet haben.

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Ich habe verraten, was ich kaufen würde. Das hat Karsten ja im Prinzip auch gesagt. Und ich bin sehr froh für das Schreiben von Texten nicht bezahlt werden zu müssen. Das Schreiben von Maschinen macht mir da einfach mehr Spaß – und kann ich definitiv besser. Und antworte mal bitte auf meine letzet Mail. Die schon ernstgemeint. ;-)

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