Mein Freund Sebastian hat mich zum Wildcampen auf die Hardangervidda in Norwegen mitgenommen. Das ist das größte Hochplateau Europas, bekannt für endlose Weite, karge Landschaft und Wetter, das dich jederzeit bestrafen wird. Er hatte die Tour geplant und alle nötigen Vorbereitungen getroffen. Es sollte ein Abenteuer werden – wurde es auch, nur anders als gedacht.

Was ist das Besondere an der Hardangervidda?
Das Hochplateau liegt im Süden Norwegens, rund 1200 bis 1400 Meter über dem Meeresspiegel. Die Landschaft ist geprägt von kargen Hochebenen, unzähligen Seen, sumpfigen Flächen und schroffen Felsen. Bäume gibt es hier kaum noch – „hier haben nicht mal die Bäume Bock zu wachsen“, schrieb ich unterwegs in mein virtuelles Tagebuch. Stattdessen bestimmen Wind, Regen und plötzliche Wetterumschwünge das Bild. Im Sommer kann es in der Sonne angenehm warm sein, doch nur wenige Minuten später bläst dir eisiger Wind ins Gesicht oder es prasselt Regen von der Seite. Genau dieser ständige Wechsel macht die Region so faszinierend – und so gnadenlos.

Vorbereitung für 5 Tage in der Natur mit Zelt
Die Vorbereitungen starteten Monate vorher. Dazu gehörte sowohl das gemeinsame Krafttraining als auch längere Jogging-Sessions am Wochenende. Da ich kein Wanderexperte bin und nicht mal ein Zelt oder einen Rucksack hatte, stand ein Großeinkauf bei Decathlon an. Am Ende habe ich mir aber das Zelt (Danke Svenja!), den Rucksack (Danke Philipp) und viele, viele Dinge von Sebastian (Danke!!!) geliehen.
Am Ende trug ich knapp 15 Kilo auf dem Rücken – und das sollte sich noch bemerkbar machen.
Tag 0: Die Anreise
Direkt nach zehn Tagen Mallorca-Urlaub mit der Familie holte mich Sebastian um 4 Uhr morgens mit seinem EV ab. Wieso nicht erst Mallorca und dann Norwegen? Weil der Mallorca-Urlaub schon gebucht war. Also fuhren wir nach Hirtshals (Dänemark), setzten mit der Fähre nach Larvik über und erreichten abends Geilo – am Rand der Hardangervidda.
Tag 1: Es ging (in) Geilo los
Start bei Traumwetter. 21 Kilometer, 700 Höhenmeter standen auf dem Plan. Anfangs erinnerte mich die Umgebung noch an den Harz: Wälder, Seen, riesige Ameisen. Doch je höher wir kamen, desto karger wurde die Landschaft.
Statt Wege: Morast, Holzplanken, Steine, die man balancierend überquert. Und immer wieder Bäche. Das mit 15 Kilo auf dem Rücken bei Regen war kein Spaß.

Gegen 16 Uhr plötzlich totale Kraftlosigkeit. Blasen? Fehlanzeige. Aber der Nacken und die Hüfte schmerzten. Am Ende des Tages landeten wir in der Tuva Turisthytte, obwohl der Plan noch drei Kilometer weiterging. Es regnete, ich war fertig.
Die Nacht: Schlafsaal mit Schnarcher, Ohrstöpsel, innere Unruhe, Schweißausbrüchen. Regen, Plumpsklo im Dunkeln. Schon hier merkte ich: Etwas stimmte nicht.




Tag 2 – Zelten und eine erste Vorahnung
Morgens: Halsschmerzen, aber sonst okay. Also weiter. Der Weg: sumpfiger, hügeliger, anstrengender. Um 14 Uhr erreichten wir eine Hütte. Ich habe die Gegend dann auf HarDANGERvidda getauft. Aber vor allem musste ich mir eingestehen: Fieber. Schüttelfrost. Verdauungsprobleme. Ich hörte dann nur noch „Danger Zone“ von Kenny Loggins als Dauerloop im Kopf.
Wir bauten das Zelt auf. Ab 16:30 Uhr lag ich fiebernd darin. Die Nacht: die schlimmste meines Lebens. Erst zu warm, dann bitterkalt. Um 4 Uhr früh zog ich frierend im Schlafsack noch Fleece- und Daunenjacke an. Das Hörbuch rettete mich mental.
Mitten in der Nacht raus ins Dunkel, im kalten Wind mit Fieber in einen Fluss pinkeln, an dem ich mir ab Abend vorher noch die Zähne geputzt hatte – eine absurde, neue Erfahrung.




Tag 3 – Der Abbruch
Am nächsten Morgen war klar: Ich muss raus. Boot Richtung Halne Fjellstugu, nur zweimal am Tag. Wir packten in Rekordzeit zusammen und liefen trotz hügeliger Landschaft und Gepäck unsere schnellste Pace – und verpassten das Boot knapp.
Also warten. Sonne, alles trocknen, viel essen. Mit Ibuprofen lief es sich erträglicher.
Das Boot brachte uns ans andere Ende des Sees. Erstmal gab es einen Schock weil wir weder per Anhalter noch per Uber-Taxi weiterkommen. Irgendwann kam dann doch ein als „voll“ angezeigter Bus vorbei, der uns nach Geilo mitnahm. Dann sofort zum Auto und zurück nach Larvik wo die Fähre am nächsten Tag wartete. Ich im Fieber, Sebastian kerngesund.


Tag 5 – Abreise
Fähre zurück nach Dänemark, lange Staus, viele Podcasts (u. a. Wild Wild Web). In Hannover angekommen, kam Esther mir entgegen:
„Ich habe Corona und du sicherlich auch, Marc.“
Meine Esther in der Tür
Die Inkubationszeit passt: Wir haben uns wahrscheinlich im Flughafen Palma oder im Flugzeug selbst angesteckt. Sebastian bekam erst Tage später Fieber.
Die gewanderte Route in 3 Tagen
Am Ende war es dann natürlich deutlich kürzer als geplant. Nur 35,4 Kilometer in drei Tagen statt fünf und der Abstieg von der Hardangervidda meisterten wir am Ende mit dem Bus und nicht mit den Füßen.

Was ich gelernt habe
- Belastungslevel neu kalibriert: Mehrere Kilometer auf und ab mit Fieber und schwerem Rucksack sind möglich – dank Ibuprofen und purer Verzweilfung.
- Minimalismus: Eigentlich reicht weniger Ausrüstung: Zelt, gute Schuhe, Schlafsack, Kleidung, Nahrung. Mehr braucht es nicht.
- Wertschätzung: Toiletten aus Porzelan, warmes Wasser, medizinische Versorgung – Dinge, die im Alltag selbstverständlich scheinen – sind draußen purer Luxus.
- Automatisch funktionieren: Ich habe gemerkt, dass ich im Notfall einen Schalter im Kopf habe, der sich einfach auf „funktionieren“ stellt.
„Wenn ihr auf der Hardangervidda wild campen könnt, dann schafft ihr es überall.“
Andere Trekker zu mir auf der Hardangervidda
Dankbarkeit
Ich bin Sebastian unendlich dankbar für diese Erfahrung direkt nach dem Mallorca-Urlaub. Auch wenn wir abbrechen mussten – die Hardangervidda hat Spuren hinterlassen. Ich weiß jetzt, wie weit ich gehen kann, selbst krank.
Und ja: Ich habe wieder Lust auf Wildcampen. Nur muss es beim nächsten Mal nicht gleich die Hardangervidda sein. Ein Ort mit etwas milderem Wetter reicht.
Es folgen demnächst noch eine Podcast Episode drüben bei Kunstpixel und noch mehr Bilder, wenn ich die von Sebastian bekommen habe.
Meine Ausrüstung auf der Hardangervidda
Gegenstand | Modell/Marke | Link |
---|---|---|
Zelt | Salewa Litetrek Pro II Zelt | kaufen |
Rucksack | Quechua Forclaz Symbium Access Z 60 Liter | – |
Schuhe | Jack Wolfskin Vojo 3 Texapore Mid M | kaufen |
Socken | FALKE TK2 Cool Hiking | kaufen |
Untersocken | Injinji Liner Crew Zehensocken | kaufen |
Schlafmatte | HIKENTURE 6.2 R-Value Camping Sleeping Mat | kaufen |
Gaskocher | BRS brs-3000t | kaufen |
Becher | TOAKS Camping Titanium 550 ml | |
UV-Hoodie | TACVASEN Men’s UV Protection Hoodie | kaufen |
Lampe | Nitecore Headlamp NU21 | kaufen |
Dicke Jacke | Just Over The Top Dauenjacke | kaufen |
Fleecehose | Quechua/Decathlon | – |
Fleecejacke | Quechua/Decathlon | – |
Buff | Decathlon | – |
Wanderstöcke | Decathlon | – |
Unterhosen | Decathlon | – |
Kopfkissen (aufblasbar) | MT500 von Decathlon | – |
Medikamente | Ibuprofen und Lemsip | – |

Verpflegung
- Frühstück: selbst gemachtes Porridge mit Schokoflocken und Proteinpulver, Nescafé-Beutel
- Mittag: diverse Protein- und Müsliriegel
- Abendessen: Trek’n’Eat Fertiggerichte wie Chicken Tikka Masala (kaufen)
- Snacks: Nüsse, Schokolade, Bananenchips, Mini-Salami
Technik
- iPhone mit Offline-Hörbuch Der Astronaut
- Kopfhörer mit Lightning-Kabel
- Power Bank 20.000 mAh
- Power Bank 10.000 mAh
- Sebastian: Garmin-Uhr mit Komoot
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