Endlich gibt es – nach Shenmue – mit Everybody’s Gone to the Rapture auf der PlayStation 4 eine neue Referenz für virtuelle Spaziergänge. Stell dir vor, du läufst durch ein sehr komprimiertes Skyrim, in dem alle Mitbewohner verschwunden sind. Nur eine Schlange aus Licht, ähnlich wie damals Zini aus dem Fernsehen, fliegt durch die leeren Häuser und Vorgärten. Sie versucht, uns die Ursache der Apokalypse mit Rückblenden schonend beizubringen.
Nur gucken, nicht anfassen
Das „Spiel“ ist eigentlich ein visueller Roman. Es gibt keine Rätsel, wie bei The Vanishing of Ethan Carter, und auch kein lineares Gameplay, wie bei Journey. Man läuft nur umher und guckt sich die Umgebung an. Aber genau dadurch startet das Kopfkino. Was ist hier passiert? Was hat es mit dem Nasenbluten auf sich? Und wie hängt das mit der Elektrizität zusammen? Ich persönlich schaue mir auch in anderen Spielen die Umgebung sehr genau an. Meistens wird mir das aber schnell langweilig, weil sich viel wiederholt. Bei Everybody’s Gone to the Rapture hingegen, bildet die Umgebung die Geschichte und sorgt dafür, dass es immer interessant bleibt.
Zum Weinen schön
Die Entwickler von Dear Esther haben sich für diese grafische Pracht gegen die Unreal Engine und für die neuste Version der CryEngine entschieden. Hunderte detaillierte Weizenären wiegen sich sanft im Wind und werden durch den Spieler umgetreten, während sich am Horizont eine Windmühle langsam dreht.
Die Welt ist zudem riesig und zugleich vollgestopft mit Details. Die Beleuchtung und das Wetter sind zudem dynamisch. Gerade bei diesen beiden Aspekten kann die Unreal Engine gegen das hier Gezeigte einpacken. Batman – Arkham Knight ist zwar eine Ausnahme und sieht auf der PlayStation 4 ebenso unglaublich aus, aber ist – soweit ich weiß – nicht dynamisch beleuchtet.
Nah am Fotorealismus
Der geübte Beobachter entdeckt Kleinigkeiten wie die unterschiedlich gemalten Bilder auf den Leinwänden eines Stilleben-Malkurses im Spiel. Normalerweise würde man sich für ein solches Spiel nicht die Mühe machen, die unterschiedlichen Malversuche der Teilnehmer auf Staffeleien zu rendern.
Aufgrund solcher Details wirken manche Szenen fast fotorealistisch. Dazu kommt der optisch enorm saubere Eindruck der Umgebung. Während Spiele mit Unreal Engine hier und dort etwas unsauber wirken, gibt es bei diesem nur sehr selten Grafikfehler.
Entrückt entzückt
Für mich persönlich war der Ausflug in die menschenleere Welt von Everybody’s Gone to the Rapture ein wundervolles Erlebnis. Ein Grafikporno mit der Handlung einer 5-stundenlangen Folge Mystery à la Akte X oder Alan Wake. Also wie gemacht für mich. Nachdem ich stark enttäuscht wurde von Journey (Ja, ich habe die Companion Trophy.) und von dem ähnlichen The Vanishing of Ethan Carter (grafisch ein Witz gegen Everybody’s Gone to the Rapture), ist das hier eine Erfüllung.
Genau so müssen Spiele ihre Geschichten erzählen. Denn Spiele brauchen nach wie vor keine Handlung. Sie brauchen viel mehr Atmosphäre und Spannung. Und genau das bekommt man bei diesem Spiel – das eigentlich keines ist. Aktuell nur exklusiv auf der PlayStation 4. Und nun die wichtigsten Informationen: Man kann mit R2 rennen und das Neigen des Gamepads ist wichtiger als man denkt.
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