Nachdem Windows Vista gerne als Flop bezeichnet wird, versucht Microsoft es mit Windows 7 noch mal sein etabliertes Windows XP zu verdrängen. Nicht zuletzt um noch mal Geld zu verdienen. Dank einem groß angelegten offenen Beta-Test darf jede Person das neue Windows 7 installieren und auf seinem Computer ausführlich testen. Ich habe mir „Seven“ mal angesehen und berichte hier nun über die Vorteile, Probleme und mögliche Alternativen zum neuen Betriebsystem aus Redmond.
Die ersten Probleme
Die Installation des Release Candidate, eine potentiel verkaufsfähige Version von Windows 7 falls keine Fehler mehr gefunden werden, verlief ohne größere Probleme aber dauert auch windows-typisch relativ lang. Gleich nach dem ersten Start traten schon die ersten Probleme auf: Meine Soundkarte (Creative SB Live 5.1 Digital) wurde nicht erkannt und laut dem Internet gibt es auch keine Treiber, die mit Windows 7 kompatibel sind oder sich im Kompatibilitätsmodus installieren lassen. Also muss der qualitativ schlechtere OnBoard-Soundchip herhalten für den es wenigstens Vistatreiber gibt.
Das selbe Spiel mit meinem Scanner (Mustek 1200 USB) der aus den selben Gründen nicht funktioniert. Die Oberfläche erinnert sofort an Windows Vista. Einzig die neue Taskleiste und die fehlende Sidebar sind ein Indiz dafür, dass ich es nun mit Windows 7 zu tun habe. Die meisten Icons und die Fensteranimationen sind ebenso gleich geblieben.
Das Software, die unter Windows XP einwandfrei läuft unter einem neuen Windows Probleme machen kann, kannte ich schon von Windows Vista. Zuerst habe ich bekannten und unter PC-Spielern weit verbreiteten Steam-Client (15 Millionen Accounts – Stand 2/2008) installiert und nach der Installation von frischen NVidia-Treibern für meine Grafikkarte (GF 8600 GTS) Half-Life 2: Lost Coast gestartet.
Crashes und Fehler
Das Ergebnis sieht man auf dem oberen Screenshot: ein Crash. Auch meine Adobe Premiere CS2 Version läuft unter Windows 7 deutlich langsamer als unter Windows XP. Dafür brauch man keine Benchmarks zu vergleichen sondern ist mehr als offensichtlich. Dazu kommt, dass viele Menüs sich im Gegensatz zu Windows XP mit der selben Funktionalität an unterschiedlichen Orten mit anderer Beschriftung befinden.
Ein schönes Beispiel dafür ist der Punkt „Software“ unter der Systemsteuerung. Der heißt jetzt unnötigerweise „Programme“. So etwas mag sich trivial anhören aber solche Kleinigkeiten häufen sich und man fragt sich, warum es nicht einfach von Windows XP übernommen wurde. Ansonsten liefen Google Chrome, OpenOffice 2.1, FileZilla und der VLC Media Player ohne Probleme. Komischerweise konnte ich aber auf den VLC Media Player keine Videos per Drag&Drop abspielen.
Windows XP bootet schneller
Ich habe öfters im Internet gelesen, dass Windows 7 deutlich schneller als Windows Vista booten soll und das bewirbt Microsoft auch gerne. Aber die meisten Leute werden wohl eher Windows XP installiert haben und das bootet seit Service Pack 3 auch wirklich schnell.
Um genau zu sein bootet mein Windows XP SP3, das schon ein Jahr auf meinem Rechner installiert ist eine Sekunde schneller als ein frisch installiertes Windows 7. Das kann man sehr schön im Video sehen. Zwar zeigt Windows 7 eher den Willkommensbildschirm aber bis man in Villabajo endlich den Browser starten kann, ist man in Villarriba schon lange am Surfen.
Ubuntu 9.04 bootet auf dem selben System übrigens innerhalb von 47 (!) Sekunden bis zum endgültig geladenen Firefox. Das Windows 7 generell nicht schneller als Windows Vista ist und schon gar nicht als Windows XP sieht auch PCWorld.com so und belegt dies mit Benchmarks. Manch andere zweifeln diese Benchmarks jedoch an.
Soll ich wechseln?
Nun stellt sich natürlich die Frage wie sinnvoll ein Wechsel auf Windows 7 ist. Bei mir steht der Wechsel absolut nicht zur Debatte weil ich zu große Probleme mit der Kompatibilität auf meinem System festgestellt habe. Das mag natürlich an den Herstellern liegen, die Windows 7 bzw. Windows Vista nicht genügend unterstützen. Aber warum sollten sie auch Treiber und Software für ein Betriebssystem optimieren was noch niemand besitzt. Das gleiche Problem hat damals auch Windows Vista das Genick gebrochen: Software und Treiber liefen unter Windows XP einfach deutlich besser. Das kann natürlich für Anwender mit einem neueren System ganz anders aussehen. Fest steht nur, dass unter Windows XP mein Rechner mindestens genau so flott arbeitet und Windows 7 mir keinen Vorteil bringt. Unter Windows XP läuft jede Software einwandfrei und ohne Probleme.
Ich habe auch nicht vor mir extra wegen Windows 7 einen neuen Scanner und eine bessere Soundkarte zu kaufen. Dann werde ich insgesamt zwei Mal zur Kasse gebeten: Für Windows 7 und dann noch mal für neue Hardware. Weiterhin glaube ich kaum, dass ein Windows 7 auf neuerer Hardware schneller läuft als ein Windows XP auf dem selben Gerät. Im Prinzip hat Microsoft sich mit Windows XP im Jahre 2001 (!) selber die größte Konkurrenz geschaffen. Während der Anwender unter Windows 2000 noch öfter der Bluescreen of Death zu sehen bekam, läuft Windows XP nun seit 9 Jahren ziemlich perfekt. Meiner Meinung nach wird Microsoft nach Windows Vista es wieder schwer haben mit ihrem Versuch Windows XP abzulösen. Es nur über die vermeidlich schönere Oberfläche und einen DirectX 11-Zwang zu verkaufen hat schon bei Windows Vista nicht funktioniert.
Sorgen um die Sicherheit müssen sich XP-Anwender auch nicht machen: Bis 2014 werden auch nach wie vor offiziell Sicherheitsupdates angeboten werden. Auch für Firmen und proffesionelle Anwender ist es wahrscheinlich nicht rentabel auf Windows 7 zu setzten da neue Software, Umgewöhnung und ggf. neue Hardware auf dem Umstellungsplan stehen. Wenn der Sicherheitssupport von Windows XP hingegen im Jahre 2014 ausläuft, gibt es wahrscheinlich schon ein Windows 10.
Alternativen
Ich benutze mittlerweile fast ausschließlich OpenSource-Software wie z.B. Firefox, Audacity, OpenOffice und den VLC-Media Player. Und das nicht etwa weil sie kostenlos ist sondern schlicht und ergreifend besser funktionieren. Ein Vorteil dabei ist, dass ich ohne Probleme unter Linux, MacOS und Windows hin und her wechseln kann, weil diese Software wie z.B. MS Office nicht durch Microsoft an ein bestimmtes Betriebssystem gekoppelt ist. Ich würde wahrscheinlich zu Hause komplett unter Ubuntu arbeiten wenn Adobe seine Programme neben MacOS auch für Linux anbieten würde.
Ubuntu als Alternative
Ich kann jedem nur empfehlen sich neben Windows 7 auch das neue Ubuntu anzusehen: Es bootet schneller, es läuft schneller, die Oberfläche ist aufgeräumter und dank Wine läuft mittlerweile auch Photoshop wirklich einwandfrei. Und Ubuntu erkennt sogar meinen Scanner neben meiner Soundkarte.
Nur an einer brauchbaren Videoschnittlösung müsste die Community wirklich mal arbeiten. Letztendlich ist aber Apple mit seinem auf ihre Hardware angepasstes Betriebssystem MacOSX mein Liebling geworden. Mac OS X verbindet einfach das Beste aus beiden Welten: Die Kompatibilität von Windows mit dem Unterbau von Linux und der meiner Meinung nach schönsten und effektivsten Oberfläche zum Arbeiten. Nachdem ich im Büro ausschließlich auf Computern von Apple arbeite wird mein nächster Rechner mein Windows XP auch endlich in den Ruhestand schicken – aber nicht mit Windows 7 sondern mit Mac OS X ersetzen.
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