Als meine Freundin Esther und ich den Trip nach San Francisco geplant haben, habe ich mich eigentlich schon auf das Silicon Valley gefreut. Dabei geht es für mich weniger um die Chiphersteller, sondern eher um Firmen wie Google, Apple und Facebook. Wir haben uns in San José mitten im Silicon Valley ein Zimmer genommen und diesen magischen Ort näher angesehen, an dem praktisch alle wichtigen Technologieunternehmen auf kleinstem Raum vereint sind.
Warum sind all diese Firmen im Silicon Valley?
Ich habe mich natürlich gefragt, warum es all diese Unternehmen ins Silicon Valley zieht. Meine Antwort ist, dass es schlicht die Sogwirkung sein muss. Neue Mitarbeiter kommen entweder direkt von den Universitäten oder den anderen Firmen dort. Das zieht natürlich Start-ups genauso wie große Firmen an, weil die wichtigste Ressource, der qualifizierte Mitarbeiter, schon dort ist.
Und die Firmen sind erstaunlich dicht beieinander: Google, Apple und Facebook sind weitestgehend Nachbarn und lassen sich theoretisch innerhalb von einer halben Stunde mit dem Auto erreichen. Ich sage theoretisch, weil der Feierabendverkehr dort die Hölle auf Erden ist. Wir standen mehr im Stau, als wir in Bewegung gewesen sind.
Du kommst hier nicht rein!
Wer denkt, man könnte einfach so auf den Googlecampus fahren und dort Fotos machen, wird schnell enttäuscht. Während Apple noch eine Art Fanshop mit Apple T-Shirts und Kaffeetassen für die enttäuschten Touristen bereit hält, wird man bei Google sofort wieder auf die gewohnt freundliche Art und Weise der Amerikaner vom Gelände verwiesen.
Glücklicherweise kenne ich einen Mitarbeiter bei Facebook: Kay Rottmann. Seine Firma jibbigo hat eine App entwickelt, die gesprochene Sätze in mehr als 20 Sprachen per Sprachausgabe übersetzen kann. Die Firma wurde von Facebook samt Mitarbeitern aufgekauft. Kein Wunder, denn die App erfüllt absolut das dritte Clarkesche Gesetz:
„Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“
Arthur C. Clarke
Von außen sieht der ehemalige Gebäudekomplex der Firma Sun Microsystems recht unspektakulär aus. Den Hacker Square, den man sehr schön in Google Maps erkennen kann, umranden graue Gebäude und ein riesiger Parkplatz. Das Facebook-Schild am Eingang ist übrigens immer noch das Sun Microsystems-Schild – nur umgedreht. Das soll den Mitarbeitern zeigen, dass der ganze Spaß morgen auch wieder vorbei sein kann.
Als normaler Besucher, ohne Termin für ein Jobinterview oder einen Facebook-Mitarbeiterkontakt, ist am Eingang bereits Schluss. Dank Kay Rottmann konnten wir uns an den iPads an der Rezeption anmelden und akkreditieren lassen. Schon stand er neben uns und öffnete die Tür zum Facebook Campus…
Universität trifft Disneyland
Drinnen erwartete uns ein Mix aus Themepark und Unicampus. Überall wuselten Mitarbeiter durch die Anlage und wer saß hinter einer Glasscheibe in einem Meeting: Mark Zuckerberg! Hinter uns auf dem Bild, das ich von Facebook auf Facebook gepostet habe, saß er. Natürlich habe ich den Hinweis „Don’t take pictures of the animals“ beherzigt. Mark ist laut Kay übrigens fast immer zugegen und hat einen kleinen Schreibtisch im Großraumbüro wie alle anderen Mitarbeiter auch. Das war übrigens bei dem ersten Unternehmen im Silicon Valley namens Fairchild Semiconductor nicht anders. Der Teamgedanke hat im Silicon Valley ganz klar einen wichtigen Platz.
Auf den Grünflächen sitzen Mitarbeiter in der Nachmittagssonne mit ihren MacBooks und scheinen angeregt zu arbeiten. Man ist also nicht an seinen Platz „gekettet“. Die gepflegte Grünalange mit kostenlosen Getränken alle paar Meter läd sofort zum Wohlfühlen ein. Und genau so muss es ja auch sein. Als Arbeitgeber sollte man seine wichtigste Ressource entsprechend behandeln. Alles andere ist mit Denken nicht zu rechtfertigen.
Natürlich hat Kay uns zuerst die Spielhalle gezeigt. Drinnen steht neben den Klassikern wie Puzzle Bobble auch ein Street Fighter 4 Automat mit Spectator-Screen in der Mitte für die Zuschauer. Daneben steht der Dance Dance Revolution-Automat mit einem Zettel an der Wand, der auf ein regelmäßiges Trainingscamp mit den Worten „Want to get better at DDR?“ hinweist. Die Arcade ist offensichtlich kein Lockmittel, das man nicht zur Entspannung nutzen darf; denn es waren viele der Automaten von Mitarbeitern in Benutzung. Natürlich kostenfrei.
Danach standen wir in einem Café, in dem es Eiscreme und das typische amerikanische Gebäck gibt. Was die Spielhalle für mich ist, war dieser Ort sicherlich für Esther. Selbst hier ist alles kostenfrei. Natürlich gibt es auf dem Campus auch ein Fitnessstudio, außerdem Ärzte und weitere kostenfreie Cafés und Restaurants. Statt Verbotsschilder wird man ermutigt, den Rasen zu betreten.
Noch weiter drinnen: Die Büroräume
Danach ging es in die Büroräume. Dort darf man aus verständlichen Gründen keine Bilder machen. Die Großraumbüros sind nach den einzelnen Abteilungen aufgeteilt und bestehen aus ziemlich vielen überraschend kleinen Schreibtischen, die dicht aneinander stehen. Die Rückseite der Monitore wird gerne von den Mitarbeitern als personalisierte Fläche mit Bildern und ausgedruckten Zetteln genutzt. Hier und dort steht auch mal eine Minibar mitten im Büro.
Für kleinere tête-à-tête Gespräche gibt es Glaskabinen und für größere Meetings entsprechende Räume. Überall gibt es Küchen und viele volle Kühlschränke mit Essen, Snacks und allen erdenklichen Getränken. Was ich persönlich besonders witzig fand, war der Technikautomat. Gefüllt mit MacBook Stromsteckern, USB-Sticks und Displayport-Adaptern begrüßt der Automat die Mitarbeiter mit Namen und verteilt bei Bedarf seine Inhalte an diese. Damit man es nicht übertreibt wird die Ausgabe der Waren getrackt. Denn auch diese sind kostenfrei.
WhatApps und Oculus
Zu Facebook gehören nicht nur akquirierte Unternehmen wie WhatsApp! und Oculus Rift sondern auch Instagram. In den Büros des Fotofilter-Spezialisten darf man Fotografieren und zwar im Gravity Office. Das ist ein um 90 Grad gedrehter Raum in einer großen Holzbox mit an der Seitenwand geschraubten Schreibtisch mit Stuhl und Mac. Wenn man nun dort drinnen Fotos aufnimmt und diese danach um 90 Grad dreht, dann sieht es so aus, als würde man die Schwerkraft besiegen.
Solche Ideen werden indirekt auch durch Facebook gefördert. Auf dem Campus befindet sich das Analog Research Lab. Dort kann man nicht nur mit 3D Druckern experimentieren, sondern auch Offsetdruck lernen oder gleich seine eigenen Möbel bauen. An solchen Dingen merkt man, dass man den Spirit einer Universität aufrecht erhalten möchte und dies offensichtlich auch schafft.
Ich könnte noch viel mehr Schreiben, aber für einen kurzen Eindruck von dieser außergewöhnlichen Firma sollte es reichen. Der Aufenthalt dort war definitiv sehr inspirierend für uns beide. Es zeigt, dass eine offene Arbeitskultur funktionieren kann, wenn man es wirklich ernst meint und seinen Mitarbeitern vertraut. Vielen Dank noch mal an Kay, dass Du dir Zeit für uns genommen hast. Denn wenn ich sage, dass ich vorbei komme, dann mache ich das auch. Das durften Attila auf Hawaii und Steffen in Genua damals auch erfahren.
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