Goodbye Stadia – Warum zieht Google den Stecker?


Google schließt Stadia

Google wird im Januar 23 ihren Spiele-Streamingdienst Stadia endgültig nach 3 Jahren begraben. Google hat den Ausflug in die Spielewelt vollständig abgeblasen. Der Stadia Shop ist bereits geschlossen und wir bekommen für die Controller, Chromecast Ultras und die Spiele das Geld zurück. Was bleibt und warum hat Stadia in der Cloud nicht funktioniert? Und sind unsere Stadia Controller nun wertlos?

Google hatte es (nicht) leicht

Stadia musste sich inmitten einer Pandemie beweisen. Jeder Mensch war an sein Zuhause gekettet und wollte Videospiele spielen. Zudem gab es durch die Halbleiterkrise keine neuen Konsolen und Grafikkarten zukaufen. Wo sollte man Titel wie Cyberpunk 2077 und Red Dead Redemption 2 ohne Hardware spielen? Wäre doch toll gewesen, wenn man Spiele plötzlich mit vorhandenen Controllern im Browser oder auf dem Mobiltelefon spielen könnte? Ja, es hätte kaum einen besseren, äh ich meine natürlich „schlechteren“ Zeitpunkt für einen Streaming-Dienst für Spiele geben können als das Pandemiejahr 2020. Ganz ehrlich, Google, was war da los?

Warum war Stadia kein Erfolg?

Trotz der idealen Umstände war Stadia kein Erfolg bei den Spielern. Hier die meiner Ansicht nach offensichtlichsten Gründe.

  1. Bezahlmodell war zu kompliziert
    Das Bezahlmodell war kein Netflix für Spiele, sondern ein undurchsichtiger Mix aus Abo und dem Einzelkauf von Spielen.
  2. Exklusive Titel fehlten
    Es gab kaum exklusive Spiele. Jede erfolgreiche Plattform benötigt ein Zugpferd, wie Halo oder Zelda. Zudem wurde Stadias Gaming Studio für eigene Produktionen 2021 geschlossen.
  3. Kaum gute Spiele
    Die Spielauswahl war zu begrenzt. Kein Elden Ring. Kein Fortnite und kein Call of Duty Warzone. Auch keine spannenden Indietitel waren im Katalog zu finden.
  4. „Stirbt eh bald“
    Das Damoklesschwert „Killed by Google„, mit seiner selbsterfüllenden Prophezeiung der Abschaltung seitens Google, war für viele sicherlich ein Problem. Kaum jemand wollte in etwas investieren, wenn der Dienst bald abgeschaltet wird. Wie man sieht, leider berechtigt.

Google macht keine halben Sachen mit Stadia: HDR, 120 FPS, 8K
GDC 2019: Google kündigt 120 FPS und 8K an.

Die leeren Versprechungen von Google

Google hatte 2019 auf der GDC viel versprochen, aber am Ende nur wenig gehalten.

  • 8k Gaming mit 120 Bildern pro Sekunde
    Selbst ältere Spiele erreichten keine 60 FPS in 4K-Auflösungen. Und ich habe auf Ray-Tracing Unterstützung gewartet.
  • Youtube-Streaming
    Diese naheliegende Funktion gab es nie auf dem Chromecast, sondern am Ende nur für den Browser.
  • Spiele weiter, wo du aufgehört hast
    Die Spiele in der Cloud wurden nach 20 Minuten beendet. Man musste also immer das Spiel in der Cloud erneut starten und nicht wie ein Video pausieren.

Zig Millionen Dollar wurden verballert

Google hat für Resident Evil 7 und 8 allein $10 Millionen Dollar an Capcom gezahlt, damit die Spiele auf Stadia zu haben sind. Man kann sich ausmalen, was dann ähnliche Deals Google gekostet haben. Selbst die Controller und Chromecasts gab es zu Cyberpunk 2077 und Resident Evil 8 gratis von Google dazu. Statt auf exklusive Titel zu setzen, wurde einfach mit Geld um sich geworden.

Was bleibt von Stadia übrig?

Nachdem Googles Streamingdienst begraben wurde, bleibt die Frage, was wir noch benutzen oder retten können. Hier ein paar Antworten.

Wie kommen wir an die Spielstände?

Über Google Takeout können wir unsere Spielstände herunterladen. Wie viel uns das hilft und ob es elegantere Optionen geben wird, ist noch offen.

Rückerstattung für Spiele mit Hardwarebundle?

Google will die Rückerstattung laut ihrem FAQ bis Ende Januar 2023 abschließen. Wir müssen demnach die Hardware nicht zurückschicken. Wie die meisten Stadia-Spieler habe ich ein Cyberpunk 2077 Bundle für 59 EUR mit Chromecast und Stadia-Controller gekauft. Wie Google das regelt, wird sich zeigen. Ich gehe davon aus, dass sie die Beträge für Spielekäufe unter Stadia > Payments zurück abwickeln. Das wären bei mir 260 EUR für Resident Evil 8, Sekiro, Cyberpunk 2077, Fifa 22, Mortal Kombat 11, Judgement und Tomb Raider.

Stadia Controller können nur per USB-C an einem PC betrieben werden.
Stadia Controller können nur per USB-C an einem PC betrieben werden.

Kann ich den Stadia Controller am PC, Playstation oder Xbox nutzen?

Am PC nur mit USB-C Kabel und nicht kabellos. Auch nicht per Bluetooth. Der Stadia Controller hat sich per W-LAN direkt mit der Cloud verbunden. Eine Verbindung mit Konsolen ist deswegen gar nicht möglich. Auch nicht per USB. Und ich habe zwei Controller.

Danke Stadia. Es war schön.

Für Google hat sich das Spielgeschäft am Ende nicht gelohnt. Zu wenig Zuspruch durch die Benutzer und keine Aussicht sich am Markt zu behaupten. Ich bin traurig, dass es nicht funktioniert hat. Ich bin nach wie vor von der Stadia Technik begeistert. Die Grafik und Ladezeiten von Stadia waren 2019 besser als auf einer PlayStation 4. Leider gehören zu einer Spieleplattform am Ende gute Spiele. Die können auch mal teurer sein, aber ohne Alleinstellungsmerkmal hat man gegen Sony, Nintendo und Microsoft keine Chance. Die Xbox Gaming Cloud ist zusammen mit dem Microsoft Game Pass auf meinem Steam Deck eine oft genutzte Alternative.


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Kommentare

13 Antworten zu „Goodbye Stadia – Warum zieht Google den Stecker?“

  1. Avatar von Sohejl
    Sohejl

    Schön wars! Am Ende fehlten die Spiele. Wie Du angedeutet hast, war meines Erachtens auch der Shop ein Killer. Das passende Spiel zu finden war richtig umständlich und lange gab es nicht mal eine Suchleiste! Google und suchen… war da nicht was?! Und der Erwerb über die App war bedingt möglich.

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Stimmt! Das habe ich vergessen. Die Suche bzw die ganze Oberfläche war leider ein Witz

  2. Avatar von Marc
    Marc

    Die Spiele-Entwickler wussten genauso wenig von der Abschaltung wie die internen Google Mitarbeiter.

  3. Avatar von ben_
    ben_

    Schön, dass es „Killed by Google“ jetzt schon zu einer selbsterfüllenden Prophezeihnung gebracht hat. Wirklich schön geschrieben, Marc!

    1. Avatar von Marc
      Marc

      ben_, vielen Dank! Habe ich nach dem Frühstück in 30 Minuten geschrieben. Ich muss so was auch wieder öfter machen: einfach schreiben.

  4. Avatar von Fr3ak
    Fr3ak

    Verstehe Deine Logik ehrlich gesagt nicht. Die Pandiemie war für Stadia eigentlich der best mögliche Umstand, der hätte eintreten können. Die Leute seitzen im Lockdown zu Hause. Man will/kann nicht raus gehen um anderweitig Geld auszugeben. Dadurch haben die Leute Langeweile, Konsolen sind nicht zu bekommen und Grafikkarten sind unverschämt teuer und ebenfalls absolute Mangelware.

    Aber all diese Dinge ändern nichts daran, dass das Streaming von Spielen nicht mehr als eine Nische ist. Der Kern der Gaming Community hat keinen Bock auf die ganzen damit verbundenen Nachteile. Schleißlich will man sich nicht gegenüber den Gewohnheiten der letzten 20+ Jahre verschlechtern.

    Du hattest ja damals schon Onlive als die Zukunft des Gamings angepriesen. Was daraus geworden ist muss ich Dir ja nicht erzhählen. Nun ist sogar ein richtig großer Player damit auf die Nase gefallen. So schnell wird das also Keiner mehr im großen Stil aufziehen wollen (zum Glück!).

    Das Streaming von Spielen ist nicht mehr als eine Nischen für Casuals mit geringem Budget. Das kann in Form von z.B. Geforce Now halbwegs funktionieren, mehr aber auch nicht.

    1. Avatar von markus
      markus

      Mit Xbox kann man Spiele auch streamen, z.B unterwegs auf dem Tablet. Aber wer nutzt das? Ich hab das getestet. Es läuft halt doch besser, wenn das Spiel auf der Festplatte ist. Auch mit Glasfaser merkt man eine leichte Verzögerung. Und das Netflix für Spiele mit geringem Budget ist eher Xbox Live.

    2. Avatar von Marc
      Marc

      Ich streame öfters per xcloud auf dem Steam Deck und auch auf der Xbox selber. Letzteres um nicht 120 GB laden zu müssen falls ein Spiel mal schlecht und auf dem Deck wenn der TV besetzt ist.

      Zu dem Text oben zu den Voraussetzungen für Stadia: scheinbar kommt die Ironie nicht immer an. Natürlich waren die Voraussetzungen nie besser. Google hat es verbockt.

    3. Avatar von Fr3ak
      Fr3ak

      Für solche Einsatzzwecke kann Streaming ja auch Sinn machen, aber als Ersatz für einen Gaming PC oder eine Konsole als einzige Spieleplattform? Kommt mir nicht in die Tüte….

    4. Avatar von Marc
      Marc

      Für dich mag das auch so sein. Aber ich kenne tatsächlich drei Leute, für die Stadia zeitweise die Hauptplattform war. Hast du es denn mal selber getestet auf einem Chromecast Ultra mit dem Wifi-Pad? Den Leuten, denen ich das in 4k mit Surroundsound und HDR gezeigt habe, ist es nicht aufgefallen, dass sie einen Stream spielen. Und das auf einem nicht gerade kleinen TV. Das Problem von Stadia war nicht die Technik, sondern das Angebot an Spielen.

    5. Avatar von Fr3ak
      Fr3ak

      Als PC-Spieler, der gerne kompetitiv spielt und über 100 FPS mit NVidia Reflex gewohnt ist, ist ein gestreamtes Spiel für mich undenkbar. Ich merke es schon deutlich, wenn ein PC-Shooter keinen Reflex-Support hat, auch bei über 200 FPS. Von daher ist für mich allein schon der Input Lag ein absolutes Killer-Argument. Und der ist aufgrund der Latenz nunmal immer da, selbst bei nem super Ping von 20MS ist das schon viel zu viel.

      Getestet habe ich es nicht, aber ich weis wie die Technik funktioniert und daher ist das in meinem Augen Murchs.

  5. Avatar von Marc
    Marc

    Getestet habe ich es nicht, aber ich weis wie die Technik funktioniert und daher ist das in meinem Augen Murchs.

    Dazu Henry Ford:

    “If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses.”

    Einfach ausprobieren mit der Hardware von Google. Du wirst überascht sein.

  6. Avatar von Marc
    Marc

    Google hat bestätigt, dass die Stadia Controller bald via Bluetooth genutzt werden können. Sehr guter Schritt.

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