Wenn mich jemand fragen würde, welches bei Videospielen mein Lieblingsgenre darstellt, dann würde ich antworten: Rollenspiele und Action-Adventures mit einer glaubwürdigen Spielumgebung, nicht-linearem Gameplay und einer mitreisenden Geschichte. In meine All-Time-Favorites konnten sich bis jetzt Final Fantasy X, Grand Theft Auto: SA, Deus Ex einreihen – und nun auch The Elder Scrolls IV: Oblivion.
Open-World Rollenspiel
Oblivion ist ein Quest-basiertes Next-Generation Rollenspiel in einer unglaublich detaillierten und zugleich äußerst interaktiven Welt namens Tamriel. Das beinhaltet auch, dass alle Charaktere im Spiel vollständig synchronisiert sind. Das erzeugt zusammen mit der Umgebung und der fantastischen Musik von Jeremy Soule eine dichte Atmosphäre, die den Spieler leicht vergessen lässt, dass er ein Computerspiel vor sich hat.
Man fühlt sich immer wieder herausgefordert auszuprobieren, wie die Welt und ihre Bewohner auf die eigenen Aktionen reagieren. Denn in Tamriel hat ähnlich wie in Peter Molyneuxs »Fable« jede Handlung eine Konsequenz. Mit dem Unterschied, dass es in Oblivion nicht aufgesetzt wirkt sondern als weiteres Feature wie selbstverständlich ins Spiel integriert wurde.
Viele Wege führen durch Tamriel
Das Spiel erschlägt anfangs den Spieler förmlich mit den vielen Möglichkeiten die es zu bieten hat. Spielt man mit Pfeil und Bogen, mit Schwerten und Äxten oder doch lieber mit Magie? Welche Rasse soll man wählen und wozu ist der Gegenstand gut, den man gerade eingesammelt hat? Oder soll ich mich lieber auf die Alchemie konzentrieren? Das sind Probleme die in anderen Spielen dieser Gattung meistens in eine Einbahnstraße führen denn man kann schließlich kein Magier mit Schwertkampfskills werden, der zudem durch Schleichen die Gegner aus dem Hinterhalt überraschen kann. In Oblivion ist aber genau das kein Problem.
Während man anfängt zu spielen, wird einfach die Eigenschaft erlernt die man gerade ausübt und muss sich nicht vorher entscheiden, was man später meistern möchte. Möglich macht dies das Weglassen von vordefinierten Charakterklassen. Man kann auch nach 50 Spielstunden entscheiden, dass man lieber aus dem Hinterhalt mit dem Bogen die Gegner erledigt als weiter mit Magie anzugreifen.
Das Kampfsystem ist einfach
Das reine Kampfsystem mit dem aktiven Blocken und Umlaufen der Gegner hat mir persönlich eine Menge Spaß gemacht. Aber den richtigen Kick habe ich erst bekommen, als mir jemand in der Uni gesagt hat, dass es eine versteckte Meuchelmörder-Gilde mit eigener Questreihe im Spiel versteckt ist. Daraufhin habe ich dann die moralisch fragwürdigen Missionen bei dieser Gilde angenommen und habe mich auf das Schleichen konzentriert. Seit dem habe ich nur noch aus dem Schatten agiert und die Missionen teilweise ohne auch nur einen Gegner zu töten absolvieren können.
Wie man sieht, belohnt Oblivion den Spieler wo es nur geht, wenn er versucht die alternativen Lösungsmöglichkeiten der Quest auszuprobieren. Dafür wirken sich die Entscheidungen permanent auf das weitere Vorankommen aus, so dass man es sich schnell mal mit einem der Bewohner verscherzt – was sich dann wieder auf andere Missionen auswirken kann, die mit diesen Personen in Zusammenhang stehen. Außerdem bleibt jede Leiche im Spiel dort liegen, wo man die Person umgebracht hat und dient auf diesem Wege praktisch als Mahnmal. Dieses Detail sorgt für einen gewissen Respekt vor der Umwelt und ihren Einwohnern und bewahrt den Spieler davor, dass er sich quer durch das Spiel schlachtet.
Grafisch überwältigend schön
Die fantastische Optik des Spiels ist nicht nur ein Selbstzweck sondern die meisten Details haben auch einen direkten Zweck der für das Gameplay unabdingbar ist. Jeder Raum in den zahlreichen Häusern der Städte in Tamriel sind voll mit Gegenständen: von der Blume über persönliche Briefe und Bücher der Bewohner, die man sogar lesen kann bis hin zu Rubinen und Schmuck in abgeschlossenen Schatullen. Diese Dinge kann man versuchen unbemerkt zu stehlen und alleine diese optionale Fähigkeit erzeugt einiges an Spannung.
Wenn man kein Geld besitzt, dann knackt man Nachts einfach ein Türschloss eines wohlhabenden Hausbesitzers und schleicht bis zu seinem Schlafzimmer um dort den Schmuck der schnarchenden Ehefrau zu entwenden. Wenn der Bruch daneben geht, sitzt man leider im Gefängnis und muss alle gestohlenen Güter abgeben und eine Strafe zahlen. Man kann die einzelnen Personen sogar beschatten um den besten Zeitpunkt für den Einbruch zu planen weil jede Person im Spiel einen persönlichen Tagesablauf besitzt. Am meisten Spaß macht dieses Szenario aber, wenn man in der Diebesgilde aufgenommen wurde.
Nebenquests machen ebenfalls Spaß
Neben dem Hauptquest, der die eigentliche Geschichte des Spiels erzählt, gibt noch die Questreihen der Gilden, die alle für sich eine abgeschlossene Storyline besitzen und lange unterhalten. Zuerst dachte ich, dass dies flache Geschichten sind die kurz und schmerzlos angehandelt werden. Aber es ist tatsächlich so, dass insbesondere die Gildenquests überraschende Wendungen bereithalten und was die Aufgaben angeht auch streckenweise zu überraschen wissen.
Ähnlich wie bei Fable muss der Spieler öfters zwischen mehreren moralischen Entscheidungen wählen und beeinflusst damit weiteren Questaufgaben. Wenn man z.B. bei der Meuchelmördergilde eine Person töten soll, kann man sich entscheiden das potentielle Opfer zu warnen und den Mord vorzutäuschen. Jedesmal wenn man denkt, dass es langweilig werden könnte, überrascht das Spiel mit teilweise sogar verrückten Aufgaben die es zu lösen gilt. Aber dazu möchte ich hier nicht zu viel verraten.
Schwierigkeitsgrad: einfach
Mittlerweile gehöre ich zu den Spielern die zu Anfang eines Spiel gerne den einfachsten Schierigkeitsgrad wählen. Das hängt damit zusammen, dass das Leben schon genug Herausforderungen bereithält und ich teilweise nur Entspannen möchte. Oblivion fragt anfangs nicht nach dem Schwierigkeitsgrad sondern passt ihn dem Level des Spielers dynamisch an.
Wenn es aber doch zu harte Herausforderungen geben sollte, findet man in den Optionen einen versteckten Regler, welcher es erlaubt den relativen Härtegrad der Kämpfe zu verringern. Außerdem wurde ein sehr nerviges Element von Rollenspielen eliminiert: Das sinnlose Laufen von A über B nach C und zurück zu A. Die Lösung: Wenn man irgendwo schon einmal gewesen ist, dann kann man einfach dort auf die Karte klicken und schnell dort hinreisen. Das Spiel ist aber so riesig, dass dies dem eigenen Entdeckungshunger in keinster Form im Wege steht.
Schleichen und Erforschen
Das Spiel oder viel mehr »die Reise durch Tamriel« besteht nicht nur aus Morden und sammeln von Gegenständen. In einer Mission muss man z.B. einen Detektiv spielen um ein gestohlenes Gemälde in einem Schloss wiederzufinden, welches die Königin vermisst. Nachdem man dann Beweise gesammelt hat und mit den Zeugen ins Verhör gegangen ist, kann man einen der in Frage kommenden Personen beschuldigen. Auch hier reagiert das Spiel auch, wenn man daneben liegt und macht diesen Quest so um einiges glaubwürdiger. Generell sind die Quests überraschend vielseitig und intelligent gestaltet.
Das einzige, was man manchmal etwas eintönig erscheint, sind die Höhlen in denen man sich bewegt. Die sehen sich, wie Höhlen nun mal sind, alle relativ ähnlich. Aber die meiste Zeit des Spiels flaniert man im hellen Sonnenschein oder auch mal mitten in der Nacht durch ein fieses Gewitter was soundtechnisch auf einer Dolby Surround-Anlage immer wieder Schauer über den Rücken jagt. Generell ist Oblivion das Spiel mit dem besten Sound, das ich bisher spielen durfte. Eine schöne Beschäftigung an kalten und regnerischen Herbsttagen, an denen es schon früh dunkel wird.
Spiele-DVDs sind tot
Praktisch durch die Hintertür hat Microsoft für die Xbox360 die Spiele-DVD als Datenträger überflüssig gemacht. Für 2400 Punkte (ca. 30 EUR) läd man sich bequem die Erweiterung »Shivering Isles« auf die Festplatte der Xbox360 um weitere 30 Stunden in einem neuen Gebiet von Tamriel zu verbringen. Weitere kleinere Erweiterungen kann man sich für 150 Punkte nach Lust und Laune runterladen und spielen.
Ohne Stress, ohne Installation und ohne Patches die man erst, wie man es vom PC kennt, im Netz suchen muss. Es funktioniert einfach ohne Probleme und man kann sich völlig in die Welt reinfallen lassen ohne erstmal Stunden damit zu verbringen neue Grafikkartentreiber zu installieren und in den Optionen die Kompromisse bei der Grafik abzuwägen, die man vorher in Foren erfragt hat. Das Spiel läuft sogar in den HD-Auflösungen flüssig und ruckelt nur ab und zu kurz in den Außenarealen beim dynamischen Nachladen. Das wurde seit dem neuesten automatischen Patch über Xbox Live auch stark verbessert und wurde somit an die PS3-Version angepasst.
Auf der Konsole spielt es sich besser
Für alle die es interessiert habe ich einen grafischen Vergleich zwischen der Oblivion PC Version mit max. Details und der Oblivion Xbox360 Version festgehalten. Generell sollte man einfach auf dem System spielen, was man gerade zu Hause stehen hat wobei ich persönlich die Xbox360 Version wegen der Downloads, dem Surround-Sound und der relaxten Steuerung vor dem Fernseher bevorzuge. Wer darüber diskutieren möchte, tut dies bitte im Spiele: Konsole VS. PC-Beitrag von mir.
Wenn man Oblivion nur von Bildern kennt, dann könnte man meinen, dass es sich nur um ein grafisch umwerfendes Rollenspiel ohne Seele handelt. <sarkasmus> Denn das ist ja scheinbar in Weblogs momentan quasi »in«, dass man eher über die gute alte 8-Bit Ära schreibt oder dank Nintendos Wii den technisch guten Spielen den Spielespaß abspricht und lieber Zelda – Twilight Princess spielt. Denn das trägt »Zelda« im Titel, ist von Nintendo und somit kann es nicht schlecht sein. Und innovativ ist es ja alleine schon durch die Steuerung mit der Wiimote. </sarkasmus>
Oblivion ist ein Spiel für Erwachsene
Für mich persönlich ist Oblivion vom künstlerischen Standpunkt und vom völlig freien Spielkonzept aus gesehen zwar keine immens hohe innovative Leistung aber vielleicht der bisher beeindruckendste Ansatz, eine lebendige virtuelle Welt zu erschaffen, die mannigfaltig auf den Spieler reagieren kann. Zugleich erzählt das Spiel schöne Geschichten welche sich zwar nicht auf Final Fantasy X oder Final Fantasy XII-Niveau bewegt aber es dennoch schafft, Authentizität und Anspruch nicht zu verlieren. Oblivion ist ein Spiel für Erwachsene mit Anspruch ohne dabei den Weg der überschäumenden Brutalität zu gehen. Denn vor 10 Jahren hätte mich Oblivion nicht so gepackt, wie es jetzt der Fall gewesen ist.
Endlich mal kein MMORPG
Ich habe mich vor ein paar Jahren lange Zeit mit dem MMORPG Phantasy Star Online angefangen, dann längere Zeit Anarchy Online gespielt und habe dann Final Fantasy XI Online und World of Warcraft ausprobiert. Doch Online-Rollenspiele haben nichts gemein mit der Entdeckungsreise durch eine Welt wie in Oblivion weil es früher oder später das Onlinespielen eher zu Arbeit mutiert, weil ich mich immer gehetzt gefühlt habe und es praktisch keine wirklich Story gibt.
Man kann das nicht miteinander vergleichen. Zahlreiche Offline-Rollenspiele wie z.B. das brillante Gothic 2 und Ultima IX Ascension und Zelda: Ocarina of Time haben mich in ihren Bann gezogen doch Oblivion hat den Spaß für mich persönlich perfektioniert, den ich bisher mit einem Rollenspiel genießen durfte. Nur Final Fantasy X hat noch einen tieferen Eindruck bei mir hinterlassen. Danke Bethesda.
Wertung
The Elder Scrolls IV: Oblivion: Eine offene und wunderschöne Welt mit interessanten Quests ist das NextGen RPG, auf das ich gewartet habe. Wer Rollenspiele mag, muss Oblivion gespielt haben! – Marc
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