Ich bin kein großer Freund von Retrospielen. Alte Spiele hatten ihre Zeit und werden dann in der Regel von ihren besseren Sequels abgelöst. Doch für ein Spiel habe ich eine Ausnahme gemacht, weil es mich schon immer gereizt hat, es endlich durchzuspielen: Squaresofts Chrono Cross für die PlayStation und Nachfolger von »Chrono Trigger« auf dem Super Nintendo. Durchgespielt habe ich es aber auf der PlayStation Portable.
So jung und schon tot
Chrono Cross erzählt die Geschichte des Jungen Serge, der inmitten des Tropenparadieses El Nido in ein Abenteuer aus Zeitreisen, Paralleldimensionen, genetischen Experimenten, falschen Freunden und Täuschung durchlebt. Zusammen mit einer Gruppe aus über 60 möglichen Mitstreitern darf man ihn auf einer nicht-linearen Handlungsstrang bis zu den neun möglichen Abschlüssen der Story begleiten. Leider ist Chrono Cross nie in Europa erschienen und ist nur als Import aus den USA und Japan zu bekommen. Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum wahrscheinlich die wenigsten Leute überhaupt wussten, dass es einen Nachfolger zu dem genialen Chrono Trigger gibt.
Zwei CDs voller Spaß
Das epische Rollenspiel wurde auf zwei CDs ausgeliefert und enthält neben vielen vor gerenderten Zwischensequenzen auch hunderte mit Liebe gezeichnete Umgebungsgrafiken, auf der sich die Polygon-Protagonisten bewegen. Im Gegensatz zu anderen Spielen dieser Machart verfolgt Chrono Cross eine gänzlich andere Gestaltungsmaxime als seine Artgenossen. Das Spiel kommt fröhlich und farbenfroh daher ohne kindisch zu wirken. Ganz im Gegenteil: Es wirkt von vorn bis hinten durchgestaltet.
Gestalterisches Paradies
Für das Charakterdesign hat man »The Vision of Escaflowne«-Zeichner Nobuteru Yuki verpflichtet. Dadurch sind unvergessliche Charaktere wie Kid, Harle ,Serge, Lynx, und viele mehr entstanden. Einer der wichtigsten Unterschiede zu anderen Rollenspielen ist, dass man seine 3 Personen starke Gruppe aus einer Sammlung von über 60 Charakteren zusammenstellt, die man während des Abenteuers treffen kann – aber nicht zwingend muss. Viele der Wegbegleiter findet man nur über Sidequests und bringen dann meist mächtige Eigenschaften mit sich. Yasunori Mitsuda, der sich zuletzt für die Musik in Shadow Hearts II verantwortlich zeichnete, komponierte die grandiose Musik und definiert für mich die obere Messlatte für gute Musik in einem Videospiel.
Jeder einzelne Song passt perfekt zur jeweiligen Situation und lässt den Spieler von einem Gefühlsrausch in den Nächsten taumeln. Dieses Gänsehaut-Feeling kann man auch bei diesem Live-Konzert des Play! Symphony Orchesters miterleben, auch wenn man das Spiel bisher nicht gespielt hat. Man bemerkt auch die leichten Südsee-Einflüsse, die sich in der Auswahl einiger Instrumente bemerkbar machen. Ohne das Medium der CD in Kombination der guten Klang-Chips der PlayStation wäre dieses Meisterwerk in Pieptönen der vorherigen Konsolengeneration untergegangen. Auch die klangliche Unterscheidung der zwei Paralleldimensionen trägt viel zur dichten Atmosphäre bei und zeigt eindrucksvoll, wie viel gute Musik in einem Videospiel ausmachen kann.
Getuntes Kampfsystem
Während der rundenbasierten Kämpfe schwenkt das Spiel in eine komplette 3D-Ansicht ähnlich wie der in Final Fantasy X, welches auf der Nachfolgekonsole PlayStation 2 zwei Jahre später erschienen ist. Das ist nicht die einzige Parallele mit dem 10. Teil der Final Fantasy-Saga. Auch das Karibiksetting teilen sich beide Spiele als Gemeinsamkeit, was ich wesentlich ansprechender finde, als mich in düsteren Gewölben durch dunkle Monsterhorden zu metzeln. Der Humor kommt dabei nicht zu kurz und schafft es dabei auch bisher nicht lächerlich zu wirken. Wenn ich da im Gegenzug an den schrecklichen Briefträger von Zelda: Twilight Princess denke.
Nichts für Anfänger
Ich habe persönlich etwas Zeit gebraucht um hinter das Kampfsystem mit den Elementen zu kommen. Ich muss aber auch gestehen, dass ich das Sphärobrett von Final Fantasy X erst dann benutzt habe, als ich die ersten Kämpfe verloren hatte. Es gibt im Gegensatz zu anderen rundenbasierten Rollenspielen hier eine Unmenge von Techs und Elementen, die auch noch von Charakter zu Charakter variieren. Das wirkt am Anfang nicht nur kompliziert, sondern ist es auch und macht Chrono Cross gerade in dieser Phase schwerer, als es ist. Ich habe für die Hydra, einem der ersten Bosse, mindestens 10 Versuche gebraucht.
Später hat das Spiel aber einen sehr angenehmen Schwierigkeitsgrad, was sich darin zeigt, dass ich öfter mit wenig Lebensenergie kurz vor Null und nassen Händen den in die Knie gehenden Boss hab explodieren sehen. Das System aus Combos und den drei verschiedenen Schlagarten un Kombination mit den Aktionen der anderen ist aber immer wieder motivierend. Man hat auch durch die überproportional hoche Anzahl an Bosskämpfen viel Zeit dieses eigenwillige Kampfsystem auszukosten.
Die Story gehört mit zu dem Besten, was ich in RPGs erleben durfte
Ich gehöre zu der Art von Spieler, die Spiele auch mal auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad starten, weil ich mich auf die erzählte Geschichte konzentrieren möchte. Chrono Cross bietet in dieser Hinsicht für mich als Rollenspieler alles, was was ich mir wünschen kann: Unvorhersehbare Storytwists in der Story, tiefgehende Charaktere und ein abwechslungsreiches Setting – das Spiel trägt nicht umsonst das Wort »Chrono« im Namen also lasst euch überraschen. Was mir aber bei RPGs notwendig ist und bei solchen 50 Stunden+ Squaresoft-Spielen wie Chrono Cross noch mehr ins Gewicht fällt, ist die Motivation weiterzuspielen. Mich interessiert es weniger, die größte Waffe, als Penisprothese in Spielen mein Eigen zu nennen als einfach gut unterhalten zu werden.
Chrono Cross ist das beste PlayStation RPG
Und genau da setzt die Stärke des Spieles ein: Man kann die Geschichte an vielen Stellen des Spieles beeinflussen. So habe ich z. B. beim ersten Durchspielen eine Aufführung eines Musicals im Spiel verpasst. Das vermittelt mir als Spieler das Gefühl, dass die Welt »lebt« und dynamisch auf meine Aktionen reagiert. Wer sich für die Storys hinter Final Fantasy X, Kingdom Hearts und Kingdom Hearts 2 begeistern konnte und nach dem Durchspielen noch Fan-Fiction-Seiten durchforstet hat, wird dieses Spiel auch für seine Story lieben. Besonders wegen der 9 Möglichkeiten das Spiel abzuschließen. Erst kurz vor Ende wird auf die zweite CD gewechselt, um Platz für die Abspäne bereitzustellen.
Grafisch ist der im Jahre 2000 für die Playstation 1 erschienene Titel gut gealtert. Das einzige, was man vermissen könnte, wäre die Sprachausgabe, aber das war zu der Zeit durch das limitierende Speichermedium und die geringe Kompression einfach nicht möglich. Trotzdem hat sich das gute Design der Charaktere, der Welt und der passenden Musik trotz der 3D-Polygongrafik gut gehalten.
Fantastischer Soundtrack
Chrono Trigger auf dem SNES kann dies leider nicht von sich behaupten was neben diesem Spiel wie ein Pixelbrei mit MIDI-Musik wirkt. Bei allem dem Wirbel, um aus dem ehemaligen Freakbereich »Videospiele« dank Nintendo eine Sammlung aus Minispielen, Ultra-Simpel-Gameplay, Grafikgurken und Pseudofitness-Geräten zu machen, hoffe ich doch, dass diese Art von Spielen wie Chrono Cross noch viele Nachfolger haben wird. Auf Squaresoft war bis jetzt jedenfalls (fast) immer verlass.
Man könnte das Spiel natürlich auf seiner PlayStation2 oder gar einem PC-Emulator spielen, nachdem man es sich von einem Importhändler oder bei eBay besorgt hat. Aber viel besser ist natürlich die Alternative es auf der PlayStation Portable zu spielen, damit man es überall, wo man möchte, genießen kann.
Wertung
Chrono Cross: Dieses Spiel hat für das fantastische Final Fantasy X schon mal den sonnigen Vibe geübt. Es überzeugt mit einem actionreichen Kampfsystem und einer der besten Handlungen in der Geschichte von Squaresoft. – Marc
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