Kaum ein Spiel hat mich so positiv überrascht wie Stellar Blade (kaufen). Neben dem fordernden Parry-Kampfsystem ist die Erkundung der offenen Welt der eigentliche Star des Spiels. Es vereint die besten Elemente von Bayonetta und den frühen Devil May Cry-Spielen mit Exploration, mit einer beeindruckenden Inszenierung. Doch das Spiel stammt aus Südkorea – einer Kultur mit ganz eigenen Maßstäben.
„Weils halt billige sexistische Kackscheisse ist und wir uns als Gesellschaft weiterentwickelt haben und heute einsehen, dass derartige Sexualisierung nicht cool ist.“
– Andy auf die Frage, warum er Stellar Blade nicht mag.
Eves erotische Inszenierung
Ein Aspekt des Spiels sorgte für besondere Aufmerksamkeit: der inszenierte Sex-Appeal der Protagonistin Eve. Als Spieler kann man zahlreiche Nano-Suits freischalten, von denen einige sehr freizügig gestaltet sind. In den aufwendig inszenierten Zwischensequenzen wird die Kamera oft auf Eves Hintern gelenkt. Einige bezeichnen diesen Umgang des Spiels mit der Hauptfigur als „Fanservice“. Andere können damit überhaupt nichts anfangen: „Weils halt billige sexistische Kackscheisse ist und wir uns als Gesellschaft weiterentwickelt haben und heute einsehen, dass derartige Sexualisierung nicht cool ist.“ meint Andy auf die Frage, warum er Stellar Blade nicht mag. In Kombination mit der intensiven Brutalität inszeniert der südkoreanische Entwickler Shift Up eine Antwort auf westliche Titel, die nicht auf übertriebene Schönheitsideale setzen.
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Die Kontroverse mit IGN
Die Spiele-Journalisten von IGN hatten damals dem Entwickler Shift Up unterstellt, noch nie im echten Leben eine Frau gesehen zu haben. Dabei basiert das Aussehen der Protagonistin Eve auf einem Körperscan des Models Shin Jae-eun. Und die Designerin Jiyun Chae arbeitet selbst bei Shift Up und ist gleichzeitig die Ehefrau des CEO Hyung-Tae Kim. Das Spiel ist ein Herzensprojekt, wie diese Dokumentation eindrucksvoll belegt. Weder meine Frau hat das im Spiel gestört noch eine Freundin von mir, die das wie folgt kommentiert hat: „Damals haben wir bei Dead or Alive auch die engen Outfits für die Kämpferinnen freigeschaltet.“ Ich bin der festen Überzeugung, wer Stellar Blade wegen des erotischen Aspekts nicht spielt, verpasst ein richtig gutes Action-Adventure. Und das kann ich begründen.
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„Damals haben wir bei Dead or Alive auch die Outfits für die Kämpferinnen freigeschaltet.“
– Eine Freundin über Eves Nano Suites
Das Kampfsystem – Präzision, Timing und pure Befriedigung
Kommen wir zum Star des Spiels: Dem Kampfsystem. Kämpfe fühlen sich sofort gut an und sind auch optisch ein Genuss. Jede Parade, jeder Konter und jeder Spezialangriff sind perfekt animiert. Das wichtigste Element dabei ist das Parieren auf L1. Perfekt ausgeführt, belohnt das Spiel gutes Timing mit befriedigenden Slow-Motion-Momenten und dem Aufladen der Spezialattacken. Die Burst- und Beta-Attacken sind auch notwendig, um vor allem die Bosse zu töten. Manche Bosse haben trotz Aktivierung von Eves Tachy Mode über 15 Minuten gedauert. Wer geübt in Dark Souls ist, wird den normalen Schwierigkeitsgrad nicht wirklich fordernd finden. Nur das letzte Viertel des Spiels ist richtig schwer, aber immer machbar. Zumal man im Gegensatz zu einem Soulslike-Spiel nach dem Ableben seine XP nicht verliert.
Aggressivität und schnelle Reaktionen werden belohnt
Das Prinzip ist ähnlich wie bei Sekiro und Lies of P: „Hesitation is defeat„. Parieren statt ausweichen ist das Motto. Man muss aggressiv spielen, um zu bestehen. Dabei helfen die Beta- und Burst-Spezialattacken, die man im Talentbaum freischalten kann. Damit unterbricht man die Attacken der Bosse, denen man sonst ausweichen müsste. Es gibt auch verschiedene Arten des Ausweichens auf Kreis in Form von Kontern: lila und blau. Im richtigen Moment gekontert, steht man hinter dem Boss. Und obendrei kann man noch schießen! Das alles ist nicht optional, sondern man benötigt das komplette Arsenal: Parry, Ausweichen mit Konter, Spezial Beta- und Burst Attacken und Schüsse, um die meisten Bosse zu töten. Keine Sorge, alles wird allmählich freigeschaltet und es gibt einen guten Trainingsmodus.
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Eine Welt, die zum Erkunden einlädt
Abseits der Kämpfe überrascht Stellar Blade mit beeindruckender Grafik ohne überflüssigen Schnickschnack und einer Welt, die es wert ist, entdeckt zu werden. Wer Nier: Automata wegen der Endzeitstimmung, der Musik und der Grafik gemocht hat, wird Stellar Blade lieben.
Besonders bemerkenswert ist die Balance zwischen ruhigen Erkundungsmomenten und actiongeladenen Bosskämpfen. Egal, ob man entschleunigt unter Wasser durch überflutete Ruinen taucht oder mit dem Radar versteckte Kisten mit Upgrade-Materialien in der Wüste sucht: Es macht immer Spaß, durch die Landschaft zu streifen, da es stets etwas zu entdecken gibt. Diese Entdeckungen in Form von diversen Quests, tragen zudem zum Aufleveln von Eve bei. Um ehrlich zu sein, laufe ich super gerne zu der chilligen Musik durch die Endzeitkulissse.
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Stimmung und Musik sind auf Augenhöhe mit NieR: Automata
Ich bin ein riesengroßer Fan von NieR: Automata. Und Stellar Blade versuchte schon vor dem NieR: Automata x Stellar Blade DLC genau diesen Vibe zu kopieren. Mit Erfolg! Denn wenn man alleine durch die Ruinen der kaputten Erde läuft und dabei bittersüße Melodien wie „Don′t Forget Me“ oder „Song of the Wanderer“ erklingen, so entsteht etwas, das nur sehr wenige Spiele hinbekommen: Meine Lieblingsbanger sind „Flooded Commercial Sector“ von Oliver Good und „Wasteland (Reboot Type A)“ von ko.yo. Kein Witz. Das alles erzeugt bei mir eine tiefe Immersion, ohne dass gerade viel passiert. Es machte mir bereits Spaß, nur im Spiel präsent zu sein. Nach dem Durchspielen habe ich sofort den zweiten Durchlauf im New Game Plus gestartet. Das schaffen bei mir nur eine Handvoll Spiele.
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Fesselnde Geschichten mit skurrilem Humor
Ich gebe es zu: Ich habe stundenlang im Spiel geangelt und dabei am Ende mit meinem Angel-Upgrade sogar einen Hai gefangen. Bosse habe ich im Bärenkostüm besiegt und mir dabei mit einem Schmunzeln die Zwischensequenzen angesehen. Im Gegenzug erzählen die Nebenquests überraschend ergreifende Geschichten. Beim versteckten Ende namens „Making New Memories“, das ich zufällig freigespielt habe, wurde nicht an einem überraschenden Twist gespart. Überhaupt ist die eigentliche Story ziemlich skurril, aber ich fand sie durch und durch spannend.
Das liegt vorwiegend an glaubhaften Charakteren wie Lily, Adam, Raven und Oracle und weniger an der Geschichte selbst. Westliche Entwickler haben es meiner Ansicht nach selten geschafft, wirklich glaubhafte Figuren zu entwickeln. Wie schon bei japanischen Titeln wie Final Fantasy X oder Lies of P, das ebenfalls aus Südkorea stammt. Trotz der Vibes kommt das alles nicht an NieR: Automata ran. Aber weggeklickt habe ich keine Zwischensequenz, was selten bei mir vorkommt.
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Wenn Präzision zur Geduldsprobe wird
Nicht alles in Stellar Blade glänzt. Besonders einige Plattforming-Passagen, wie die hakeligen Sprungeinlagen, das frustrierende Fließband in der Factory und der nervige Abschnitt, in dem Schütztürme auf Eve feuern, bremsen den Spielfluss unnötig aus. Das Timing ist oft zu streng, und kleine Fehler werden sofort bestraft, was eher für Frust als für Spannung sorgt. Diese Momente stehen im Kontrast zum sonst hervorragend designten Kampfsystem und hätten mit etwas mehr Feinschliff deutlich besser ausfallen können. Wenigstens startet man bei Sprungpassagen da, wo man heruntergefallen ist und nicht am Bonfire äh, ich meine am Snackautomaten.
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Flüssige 60 FPS, beeindruckende Physik – aber mit Upscaling
Technisch nutzt Stellar Blade die Unreal Engine 4 und flimmert mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde über den VRR-fähigen Fernseher. Die Grafik selbst äußerst detailliert, aber nicht auf dem Level eines Spider-Man 2. Dafür gibt es leider auf der PlayStation 5 Amateur zu viele Upscalling-Artefakte. Auf der PS5 Pro soll das deutlich besser aussehen. Im Gegenzug überrascht das Spiel mit Physikeffekten für Kleidung, Eves lange Haare und natürlich, ihr ahnt es schon, für ihren ganzen Körper. Ladezeiten sind auf der PlayStation 5 kaum wahrnehmbar und es gibt keinen einzigen Ladebalken.
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Tipps und Tricks mit Accessibility
Wer sich das Spiel erleichtern will, aktiviert folgende Optionen in den Barrierefreiheitseinstellungen des Spiels:
- Items einsammeln beim Drüberlaufen
- QTEs abschalten
- Vereinfachte Steuerung beim Angeln
Die Optionen haben keine negative Auswirkung auf die Freischaltung der Trophies oder den Spielfortschritt.
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Fazit: Action trifft auf Exploration – und es funktioniert
Stellar Blade ist nicht nur ein Spiel für Fans von Charakter-Action-Games, sondern für alle, die Spektakel und durchdachte Kampfmechaniken lieben. Es fühlt sich an wie die moderne Fortsetzung der besten Actionspiele der PS2-Ära – mit butterweichen Animationen, kinoreifer Inszenierung und einem Gameplay, das einfach Spaß macht. Wer eine Herausforderung mit stylishen Kämpfen und epischen Zwischensequenzen steht, wird hier nicht enttäuscht. Ganz ehrlich: Ich habe nichts dagegen, wenn eine attraktive Frau für 42 Stunden im Fokus steht. So lange habe ich für den ersten Durchlauf mit fast allen Nebenquests benötigt.
Stellar Blade (kaufen) erschien 2024 exklusiv für die PlayStation 5 und wird 2025 auf den PC portiert.
Stellar Blade : Stellar Blade vereint das rasante Gameplay von Bayonetta, den Stil früher Devil May Cry-Spiele und Erkundung mit einer beeindruckenden Inszenierung. Das Kampfsystem überrascht mit Tiefe und Anspruch. Insgesamt zählt es zu den besten Spielen, die ich je gespielt habe – und das völlig unabhängig von seiner erotischen Inszenierung. – Marc
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