Lost Odyssey – Final Fantasy auf der Xbox 360


Rollenspiele sind ganz klar mein favorisiertes Genre bei Videospielen. Ich würde sogar so weit gehen, dass diese Spiele bei mir die meisten Emotionen freisetzten und mich deswegen teilweise über 100 Stunden an das Gamepad fesseln. Lost Odyssey gehört zu den Spielen, die ich genau wie Final Fantasy X und Chrono Cross wegen der Geschichte und den glaubwürdigen Protagonisten durchgespielt habe. Allerdings hat es mich insgesamt drei Versuche gekostet über die erste Spiel-DVD von insgesamt vier Discs hinaus zu spielen.

Kaim Argonar ist unsterblich - und hat sein Gedächtnis verloren.
Kaim Argonar ist unsterblich – und hat sein Gedächtnis verloren.

Anfangs ist die Handlung sehr langatmig

So packend die Story und das gesamte Spiel später auch wird – am Anfang ist es tot langweilig: Der Protagonist leidet scheinbar an den selben Krankheiten wie Squall aus Final Fantasy 8: Er ist unsympathisch, wortkarg und humorlos – also ein Marc Tönsing Inverted. Wer aber die ersten 10 Stunden durchhält, wird mit einem der besten Geschichten und rundenbasierten Kämpfen dieser Konsolengeneration belohnt.

Glaubwürdige und starke Protagonisten

Anders als beim Medium Film haben Videospiele einen entscheidenden Vorteil: Der Spieler erfährt durch die mehrere Stunden anhaltende Immersion eine sehr starke Bindung zum virtuellen Alter Ego. Viel stärker als es die meisten Filme jemals schaffen könnten. Lost Odyssey macht es dem Spieler aber zuerst ziemlich schwer: Die Geschichte über den unsterblichen Hauptcharakter kommt nach einem grafisch beeindruckend Start nicht in Fahrt und man wünscht sich nach spätestens 5 Stunden einen anderen Helden als Kaim Argonar.

Noch nerviger als er ist dann sein komplettes Gegenteil: Jansen Friedh, ein Playboy der einen blöden Spruch nach dem anderen reißt. Dazu gesellen sich noch die anfangs nervigen Zufallskämpfe und der vielleicht schwerste Gegner des ganzen Spiels.

Der Greif ist für viele sicherlich der erste Frustmoment im Spiel
Der Greif ist für viele sicherlich der erste Frustmoment im Spiel

Zu schwer für die Masse?

Meine Behauptung ist folgende: Viele „Journalisten“ haben bis zu diesem ersten Endgegner auf den verschneiten Ipsilon Bergen gespielt und eine Wertung von 80% Spielespaß gegeben, weil das Spiel ja grafisch immerhin in der Oberliga spielt. Oder vielleicht noch etwas weiter bis zu dem Versuch Metal Gear Solids Stealth-Gameplay zur Auflockerung zu verwenden. Bei beiden Stellen habe ich eine Pause von ca. einem Monat gemacht. Und die Ladezeiten ohne die neue Installationsmöglichkeit der Xbox360 sind ohnehin eine Frechheit aber gehören nun komplett sei dem Update der Vergangenheit an.

Doch ziemlich genau 2 Spielstunden nach dieser nervigen Stealth-Passage kurz vor dem ersten Diskwechsel passiert etwas Unerwartetes: Eine filmisch sehr schön inszenierte Storywendung wird auf dem Bildschirm gezaubert und die Zahl der Mitglieder, die gleichzeitig an einem Kampf teilnehmen können, steigt auf fünf Personen wodurch die Kämpfe gleich flotter von der Hand gehen – der relativ hohe Schwierigkeitsgrad bliebt aber bestehen. Das Spiel ist kein Kindergeburtstag. Zu diesem Zeitpunkt hat man dann auch verstanden, dass die unsterblichen Mitstreiter wirklich unsterblich sind und nach drei Runden nach K.O. im Kampf wieder aufstehen als wäre nichts gewesen und zusätzlich von jedem sterblichen Partymitglied alle Zauber lernen können was schnell für zusätzlichen Spaß in den immer taktisch anspruchsvolleren Kämpfen sorgt.

Kaim und Jansen
In diese Splitscreenansichten schaltet das Spiel öfters

Pat & Patachon …

… Mario & Luigi, Fabio & Marc und nun Kaim und Jansen. Der Anfangs noch überdrehte Jansen Friedh wird plötzlich sympatisch weil er anscheinend doch nicht so dämlich ist wie sein erster Eindruck vermitteln mochte. Und von dem stillen und argwöhnischen Kaim bekommt man durch das Aufdecken seiner Erinnerungen durch versteckte Träume im Verlauf des Spiels und kann immer mehr nachvollziehen, warum er eigentlich so ist wer er sich gibt. So bildet sich dann immer mehr ein schöner Kontrast zwischen Jansen und Kaim heraus. Ich musste teilweise sogar laut lachen, wenn Jansen mal wieder Kaim wegen seiner mürrischen Art auf die Schüppe nimmt. In solchen Momenten zeigt sich auch die Güte der hervorragenden deutschen Synchronisation. Obwohl sich die englische Sprachausgabe auch auf den vier DVDs befindet habe ich nie das Verlangen nach dem O-Ton verspürt.

Und er sich fragt, warum Kaim oben eine so dämliche rosa Brille aufhat, dem sei gesagt, dass nahezu alle Zwischensequenzen in Echtzeit in der Unreal 3 Engine ablaufen. So sieht man dann auch dort die Rüstungsgegenstände an den Körpern der Protagonisten.

Ein erwachsenes Spiel mit einer erwachsenen Thematik

Lost Odyssey ist auch ein sehr erwachsenes Spiel. Die Thematik und die Stimmung ist überweigend ernst und nicht so überdreht wie z.B. Eternal Sonata. Dazu gehört auch die relativ ernste Stimmung und die glaubwürdigkeit der Charaktere. Man spielt nicht den typischen pubertierenden Teenager der die Welt retten muss sondern erwachsene Menschen. Besonders im Kontrast zu den beiden Kindern die ab der zweiten DVD in die Party stoßen fällt dies wohltuend auf. Auch die Liebensgeschichte ist sehr zurück genommen und kann schon fast als nebensächlich betrachtet werden. Auch musikalisch ist das Spiel dank dem Final Fantasy-Hauskomponist Nobuo Uematsu voller Melodien die man immer wieder gerne hört.

Die Gesichtsanimationen sind wirklich beeindruckend
Die Gesichtsanimationen sind wirklich unglaublich – genau so wie die Storytwists!

Alles in allem fing das Spiel wirklich mies an aber es wurde dann stetig immer besser bis zum großen Finale. Und hier muss man den Entwicklern wirklich mal ein echtes Lob für den Abspann und generell das ganze Ende der Odysee aussprechen: Selten habe ich mich nach dem langen Abspann so befriedigt gefühlt wenn es um den Abschluss so eines epischen Spiels geht. Musik und visueller Stil haben sich hier wirklich selbst übertroffen. Ich garantiere jedem, der Lost Odyssey durchspielt ein fantastisches Spielerlebnis.

Muss man gespielt haben

Die Story ist unfassbar packend und enthält ähnlich wie FFX diverse Twists in der Handlung, die Spaß machen. Sehr sympathische Protagonisten mit relevanten Problemen richten sich eher an ein erwachsenes Publikum und haben nichts mit dem knuffigen Charakterdesign von zum Beispiel FF9 gemein. Das Gameplay orientiert sich sehr stark an älteren Final Fantasys wie eben Final Fantasy X ohne Echtzeitansätze wie bei FF12 oder FF13. Dazu kommt noch ein Schwierigkeitsgrad, der gerade zu Anfang nicht zu unterschätzen ist. Wer Final Fantasy X oder Chrono Cross gerne gespielt hat, der wird hiermit sehr glücklich werden!

Wertung

Lost Odyssey: Ein Exklusivtitel für die XBOX360 der völlig zu Unrecht untergegangen ist. Hätte das Spiel den Titel "Final Fantasy: The Lost Odyssey" gehabt, wäre daraus ein echter Hit geworden. Marc

8.5
von 10
2008-12-16T00:03:06+0100

Kommentare

16 Antworten zu „Lost Odyssey – Final Fantasy auf der Xbox 360“

  1. Avatar von Olga
    Olga

    Fabio & Marc

    ;)

  2. Avatar von matze
    matze

    na marc, sind die 2 wochen um? :) ich hol dich übrigens bald mit meinem gamerscore ein, wenn du nicht aufpasst ;)

  3. Avatar von Marc
    Marc

    8209 zu 8790 UiUiUi. Da muss ich mir schnell King Kong kaufen! =D

  4. Avatar von matze
    matze

    hehe, ja mach das ;)
    na wenigstens hast du ne relativ gerade zahl. ich hab seitdem ich nen achievement bei fifa 09 abgeräumt hab, diese „09“ im score- das nervt ;)

  5. Avatar von Goregrinder
    Goregrinder

    Der Spieler erfährt durch die mehrere Stunden anhaltende Immersion eine sehr starke Bindung zum virtuellen Alter Ego. Viel stärker als es die meisten Filme jemals schaffen könnten.

    Das kann man so nicht vergleichen. Dem Film fehlt die Ebene der Interaktion. Filme müssen in diesem Punkt auf andere Sachen Gewicht legen als Spiele. Ausserdem gibt es genau so viele oder wenige Spiele die es schaffen, eine emotionale Bindung zum Hauptcharakter zu erzeugen. Es ist sogar fraglich ob das immer der Fall sein muß.
    Es ist egal ob man 90-180 Minuten passiven Betrachtens Zeit hat eine Bindung aufzubauen oder mehrere Stunden quasi aktiven Spielens/Gestaltens. Es kommt auf die Technik an und auf den Plot.
    Das mit dem ‚erwachsenen‘ Spielen ist meiner Meinung nach nicht als Kriterium verwendbar, jedenfalls so wie Du es schilderst. Bei Dir hat ‚erwachsen‘ augenscheinlich etwas damit zu tun, in welchem Setting (GTA IV) und wie unverbraucht der Plot ist. Die Grafik lasse ich mal aussen vor, die hat mit erwachsen oder nicht rein gar nichts zu tun sondern ist Teil der technischen Weiterentwicklung. Denn, was ist erwachsen an einem Spiel bei dem man mit virtuellen Wachsmalstiften geometrische Formen physikalisch zum bewegen bringt? Das macht meine Tochter in absehbarer Zeit real mit Ihrer Murmelbahn.

    Ein weiterer Begriff der mich stört ist solche Spiele mit ‚Rollenspiel‘ in Verbindung zu bringen. Ist keine Erfindung von Marc, die Industrie bedint sich dessen mit Vorliebe. Mit einem Rollenspiel haben die wenigsten Spiele dieser Sorte (Final Fantasy Klone, Diablo-Klone, …) auch nur im Entferntesten etwas zu tun. In Ansätzen kann man WOW oder sonstige derartige Onlineangebote als Rollenspiel werten, sobald es um Interaktion der Chraktere geht und man sich ‚unterhält‘. Weitere Beispiele wären Oblivion, evtl. Fallout 3, diese kommen in bestimmten Passagen auch an ein Rollenspiel heran, da ich eine Ego Atmosphäre habe. Alles andere ist eher ein 3D-Action-Beat ‚em Up mit Anpassung der Fähigkeiten der Hauptpersonen. Denn Rollenspiel bedeutet das schlüpfen in und spielen einer Rolle und das lässt sich mit den derzeitig recht begrenzten Möglichkeiten der Unterhaltungselektronik nicht realisieren, das kann man nur mit Menschen. Zwar gibt es gute Ansätze in punkto moralische Entscheidungsfreiheit (KotOR, Fable, Witcher, Gothic 1, Neverwinter Nights, Deus Ex 1), Ausstattung, Größe und Benutzbarkeit der Umwelt (Arx Fatalis, Oblivion, Gothic, GTA, The Fall, Neverwinter Nights, Deus Ex 1) und Erfahrungs- Entwicklungssystem (Oblivion, Fallout) aber ein echtes Rollenspiel findet nicht statt. Zwar wird mittlerweil die moralische Entscheidung recht oft eingebunden (gut oder böse, Jedi oder Sith, Retter oder Schlächter oder gar Neutral) da sie dem Spieler eine weitere Entscheidungsebene ermöglicht und so Realität vorgaukelt, aber das ist nur ein Teil der Rolle die man spielt. Es fehlt die reale Kommunikation und das Bewusstsein der Plotschreiber über die Möglichkeiten der Graustufen bei der Konflikbewältigung. Warum muß der Charakter stets kämpfen? Warum kommt er nur durch kämpfen weiter? Bitte nicht falsch verstehen, ein gut gemachtes Kampfsystem ist was feines, aber ein Rollenspiel ist eben keines wenn die Motivation nur über Kämpfe läuft. Wie wäre es denn z.B. wenn der Schlußgegner anstatt nach einer Stunde blinden Knöpfehämmerns durch einen ausgefeilten Dialog in die Knie gezwungen werden kann, man in diesem Gespräch seine Motive erfährt, seine Stärken und Schwächen, … Ich mag Kill Bill nicht sonderlich, Tarrantino ist ein eingebildeter Pfau, aber man muß Ihm lassen, das die Schlußsequenz in Teil 2, in welcher beide einfach nur Reden, so viel Unterschwelliges, soviel Spannung, so viel Kraft, das der Tod von Bill eigentlich nebensächlich ist.
    Also, wo bleiben die richtigen Rollenspiel, die mir alle Möglichkeiten eröffnen, nicht nur aufwendig gescriptete Textpassagen, Alternativenden, taktisch ausgefeilte Bots (und eine tolle Grafik welche aber zwangsläufig nicht schlechter wird und nur bedingt wichtig ist, denn die Simulation funktioniert auch bei schlechter Grafik funktionieren)? Bis dahin sehe ich diese Spiele als aufgebohrte Shooter oder Taktikspiele, Rollenspiele zocke ich mit Kumpels oder Live.

    MfG

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Naja, Rollenspiel ist natürlich ein sehr weit gefasster Begriff. Man übernimmt die „Rolle“ eines Charakters. Davon gibt es viele, viele Unterklassen wie Action-RPG, Strategy-RPG, MMORPG usw.

      Ich halte persönlich nichts von diesen RL-Rollenspielen und mag das aus verschiedenen Gründen nicht aber das könnte ich mal in einem Beitrag ausführen. Das darf man meiner Meinung nach nicht als Basis nehmen um Videospiele zu bewerten in Hinsicht auf Interaktion. Ich finde es persönlich gerade gut, dass man nur mit dem Spiel selber spielt und nicht mit menschlichen Mitspielern. Wenn ih das will spiele ich MMORPGs oder gehen eben in den Keller mit der Kerze auf dem Totenkopf. =)

  6. Avatar von Goregrinder
    Goregrinder

    Ich halte persönlich nichts von diesen RL-Rollenspielen und mag das aus verschiedenen Gründen nicht aber das könnte ich mal in einem Beitrag ausführen.

    Ja, mach mal, würde mich interessieren. Aber nicht enttäuscht sein wenn ich’s zerpflücke =)
    Ich für meinen Teil spiele nun seit ungefähr 20 Jahren mehr oder minder regelmäßig Pen&Paper Rollenspiele, LARP (LiveActionRolePlaying) und quasi nebenbai auch noch seit dem guten alten Brotkasten Computer-‚Rollenspiel‘, sei es nun Strategic- oder Tactical- 1stP- oder was auch immer. (Daher kann ich Dir auch sagen das z.B. Story, Atmosphäre, Komplexität und die größe der Welt in ‚Pool Of Radiance‘ bis heute nur durch zwei/drei Titel getoppt wurde, und das Spiel ist immerin 20 Jahre alt).
    Daher habe ich einen recht hohen Anspruch an solche Titel auf PC/Konsole, welcher sich auf mehrere Aspekte des Spiels bezieht, sei es Atmosphäre, Plot, Interaktion, …

    MfG

  7. Avatar von Game_One_Fan
    Game_One_Fan

    @ Marc

    Du sagst ja „Der 1. Preis für extrem realistische Tränenanimationen geht an: Lost Odyssey“. Die Tränen und die Mimik der Personen in den Tränenanimationen sehen zwar sehr realistisch aus aber ganz ehrlich, hat dich das ganze Geflehne nicht etwas genervt? Ich hab Lost Odyssey durchgespielt und muss sagen das es wirklich gut ist, aber die ständig übertriebene Dramatik hat mich irgendwie genervt (Siehe GameOne Folge über Lost Odyssey)

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Ich fand es vor allem gut, dass halbwegs interessante und relevante Themen behandelt wurden. Die Szene mit dem Rumgeheule war meiner Meinung nach passend umgesetzt und platziert weil dann auch die Story in Schwung kam.

    2. Avatar von Game_One_Fan
      Game_One_Fan

      Stimmt auch wieder. Final Fantasy funktioniert ja größtenteils nach dem gleich Prinzip

  8. Avatar von JTR
    JTR

    Habs mir heute zum Budgetpreis bestellt. Mal schauen, evt. gefallen mir jap. RPG ja doch. Last Remnant war jedenfalls ein Reinfall.

  9. Avatar von Alex B.
    Alex B.

    Marc habe da malso eine frage an dich wie kann man eigentlich den 2 Endgegner da am Großen Stab besiegen ich schaffe es nie muss man immer nur die Käfer killen oder das mopp bis auf einen schlag unterarbeiten und dann wenn es keine Mp mehr hat alo nach einem angriff angreifen das es endgültig weg ist oder ist das nur so zum irritieren muss man alo das vieh 2 mal besiegen ich komme an dieser stlle nicht weiter und wollte dich um rat fragen danke schonmal im vorheraus

  10. Avatar von Alex B.
    Alex B.

    thx marc hast du schonmal negesehen bezüglich meiner frage unterschied zwischen xbox live silbermitgliedschaft
    und xbox live goldmitgliedschaft

    1. Avatar von Marc
      Marc

      Ich habe dir geantwortet. Guck mal nach.

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